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Nachgefragt beim Chirurgen

Brustrekonstruktion nach Brustkrebs –Ablauf, Kosten, Risiken

Brustkrebs-Überlebende, die sich ihre Brust zuhält
Nach einer Brustentnahme erfolgt meistens gleich im Anschluss der Brustwiederaufbau Foto: Getty Images

23.10.2021, 19:16 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Nach der Diagnose „Brustkrebs“ kann es notwendig sein, Teile der Brust oder auch die ganze Brust zu entfernen. Viele Frauen lassen sich die Brust danach wieder aufbauen. Das geht mit Eigenfettgewebe oder Implantaten. Was ist besser und was sollten Betroffene sonst noch vor dem Eingriff wissen? STYLEBOOK sprach mit einem plastischen Chirurgen.

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Jedes Jahr erkranken in Deutschland nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts fast 70.000 Frauen an Brustkrebs. Dabei kommt es auf den genauen Befund an, ob operiert werden muss. Manchmal reicht es aus, nur einen Teil der Brust zu entfernen. Mitunter muss die Brust auch vollständig abgenommen werden. „Je nach Krebsart ist es das Ziel, zumindest den Hautmantel der Brust zu erhalten und nur die Brustdrüse und gegebenenfalls die Brustwarze zu entfernen“, erklärt Dr. med. Cornelius Grüber, Facharzt und Mitbegründer des Hamburger Hanseaticum-Zentrums für Plastische und Ästhetische Chirurgie. „Das muss aber im Einzelfall besprochen und entschieden werden. Können Vorhof und Brustwarze erhalten bleiben, sieht das Ergebnis am Ende entsprechend natürlicher aus.“

Brustrekonstruktion mit Implantat

Brustentnahme und Brustrekonstruktion sind in der Regel eine Operation. Das bedeutet, dass der Chirurg zunächst entsprechend des Krebsbefundes Teile der Brust entfernt und anschließend die Brust wieder aufbaut. Entscheidet sich die Frau für ein Implantat, dauert die Brustentnahme und Brustrekonstruktion auf einer Seite etwa zwei Stunden. Nach der Operation kann es vorkommen, dass die Haut wie in Wellen über dem Implantat liegt. „Das bessert sich aber meistens nach nur wenigen Monaten und dann ist die Haut wieder glatt,“ versichert Dr. Grüber.

Eine häufige Komplikation, wenn die Brust anschließend bestrahlt werden muss, ist die Kapselfibrose. Die Haut ums Implantat verhärtet sich. „So eine Kapselfibrose ist sehr schmerzhaft und kann die Brust verformen“, erklärt der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. „In so einem Fall muss dann noch einmal nachoperiert werden.“

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Brustrekonstruktion mit Eigenfettgewebe

Man kann die Brust auch mit Eigengewebe wieder aufbauen oder das Implantat zusätzlich mit Eigengewebe stabilisieren, damit es besser sitzt und nicht verrutscht. „Das ist besonders dann ratsam, wenn viel von der Brust entnommen werden musste und nur noch sehr dünne Haut zurückbleibt“, erläutert Dr. Grüber. Das Gewebe entnimmt der Chirurg dem Bauch, Po oder der Oberschenkelinnenseite – je nachdem, wo es sich bei der Patientin anbietet. Auch wenn viele Frauen den Po bevorzugen, da sie dort vielleicht gerne etwas Fett verlieren möchten, bietet sich die Stelle leider nicht sehr gut an. Der Hamburger Facharzt erklärt, warum das so ist: „Das Fettgewebe am Po ist viel fester als das Brustdrüsengewebe, die Brust fühlt sich dann etwas komisch an.“

Eine Operation mit Eigengewebe ist deutlich aufwendiger und komplizierter als das bloße Einsetzen eines Implantats. „Eine Brustentnahme und Brustrekonstruktion mit Eigengewebe dauert zwischen vier bis sechs Stunden“, erklärt Dr. Grüber. „Man kann nicht einfach an einer Stelle des Körpers Gewebe entnehmen und es woanders einpflanzen. Das entnommene Gewebe muss mikrochirurgisch angeschlossen werden, damit es in dem Hautmantel der Brust sofort gut durchblutet wird. Sonst besteht das Risiko, dass das transplantierte Gewebe in der Brust abstirbt.“

Die Entnahme von Eigengewebe beinhaltet zudem einen weiteren Eingriff und damit erhöht sich automatisch auch das Risiko für Komplikationen. „Jeder Beteiligte an dieser OP muss sein Handwerk gut verstehen“, mahnt der Facharzt. „Das trifft auch auf den Narkosearzt zu, der genau Bescheid wissen muss, welche Medikamente er der Patientin geben darf. Manche Medikamente verengen die Blutgefäße und in der Folge kann sich das Implantat schwarz verfärben.“

Der Chirurg rät allen Betroffenen, sich gut beraten zu lassen: „Jede Frau sollte sich gut überlegen, welche Operation aktuell gerade zu ihr passt: Möchte ich alles auf einmal machen und dann hinter mir haben? Oder möchte ich es lieber nach und nach machen lassen?“ Dr. Grüber empfiehlt den Frauen, die sich unsicher sind, zunächst nur das Implantat einsetzen zu lassen: „Die Krebsdiagnose an sich kostet bereits viel Kraft, und man kann auch noch Jahre später diesen Eigengewebs-Transfer machen lassen.“

Narbenbildung

Als Plastischer Chirurg ist es sein Job, so zu operieren, dass Narben kaum zu sehen sind. „Aber auch Gynäkologen achten zunehmend darauf, ein ästhetisches Ergebnis zu erzielen“, sagt Dr. Grüber. „Es kann sich schließlich ganz entscheidend auf die Psyche der Frau auswirken. Früher verlief die Narbe oft quer über der Brust. Das war für Frauen natürlich sehr belastend. Sie konnten kein T-Shirt mehr tragen, sofort war diese Narbe zu sehen.“

Kosten einer Brustrekonstruktion

Frauen mit Brustkrebs haben schon genug Sorgen. Um eines müssen sie sich keine machen – wie viel es kostet, die Brust wieder aufzubauen. „Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für einen Brustaufbau, wenn sie im Zusammenhang mit einer Brustkrebs-Diagnose steht“, bestätigt Dr. Grüber. „Sie zahlen in der Regel auch die Angleichungsoperation. Wurde beispielsweise bei der rechten Brust Krebs entfernt und danach ein Implantat eingesetzt, kann es passieren, dass die rechte Brust anschließend nicht mehr zur linken passt. In dem Fall kann die Patientin bei ihrer Krankenkasse eine Angleichungsoperation beantragen und die linke Brust chirurgisch entsprechend anpassen lassen.“

Die Krankenkasse zahlt übrigens auch dann die Brustrekonstruktion, wenn sich Patientinnen mit nachgewiesenem, hohem Brustkrebsrisiko vorsorglich die Brüste abnehmen lassen. Die Krankenkasse zahlt aber nicht bei einer allgemeinen, nicht medizinisch begründeten Krebsangst. „In so einem Fall sollte der Chirurg den Wunsch mit der Patientin ausführlich besprechen, allerdings gibt es keinen Grund, ein gesundes Organ zu entfernen“, warnt der Hamburger Chirurg. „Hier ist die Rechtslage schwierig, weswegen wir solche Operationen ablehnen. Letztlich wäre das nichts anderes als die Amputation eines gesunden Organs.“

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Brustaufbau Jahre nach der Amputation

Je nach Krebsbefund kann es notwendig sein, die Brust komplett zu entfernen, also zu amputieren. Dann bleibt nur noch Haut und eine Narbe zurück. Es gibt nicht einmal mehr eine Brusthülle, sondern die Haut ist ganz straff. „Das bedeutet, dass man die Haut auf Brusthöhe erst einmal wieder dehnen muss, ehe man ein Implantat einsetzen kann“, erklärt Dr. Grüber. „Das macht man mithilfe eines Expanders, den man unter die Haut setzt. In ihn injiziert der Arzt alle drei Wochen medizinisches Wasser. Die Haut wird sechs Monate lang wie ein Ballon aufgeblasen und danach kann man den Expander durch ein Implantat ersetzen. Man kann auch eine Brustwarze rekonstruieren.“ Auch in diesem Fall übernimmt in der Regel die Krankenkasse die Kosten. 

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Themen Brustkrebs
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