Die Politik hat entschieden: Demnächst gibt es ein Siegel für fair produzierte Kleidung, den „Grünen Knopf“. Aber was steckt dahinter und wer bekommt das sogenannte „Meta-Siegel”?
Der „Grüne Knopf“ soll in Zukunft Kleidungsstücke markieren, die unter Einhaltung von sozialen und ökologischen Mindeststandards hergestellt wurden. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) will das neue staatliche Textilsiegel nun an die ersten Bekleidungshersteller vergeben, die das Label dann an ihre Produkte nähen können.
Wer bekommt den „Grünen Knopf“?
Die Produzenten von Kleidungsstücken sowie von Matratzen, Bettwäsche und Rucksäcken verpflichten sich zur Einhaltung von 26 Sozial- und Umweltstandards. So müssen bei der Herstellung der Produkte Mindestlöhne gezahlt und gewisse Sicherheitsmaßnahmen gewährleistet werden. Kinder- und Zwangsarbeit dürfen ebenso wenig Teil des Produktionsprozesses sein wie der Einsatz gefährlicher Chemikalien. Außerdem muss ein Unternehmen seine Sorgfaltspflichten anhand von 20 Kriterien nachweisen. In der Startphase werden allerdings nur die Produktionsschritte Nähen und Zuschnitt sowie Färben und Bleichen unter die Lupe genommen. Das Spinnen und Weben sowie die Produktion von Rohstoffen wie Baumwolle sollen erst zwei Jahre später hinzukommen.
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Warum gibt es das Siegel?
Im April 2013 war in Bangladesch das achtgeschossige Fabrikgebäude „Rana Plaza“ eingestürzt, in dem viele internationale Konzerne ihre Textilien nähen ließen. 1135 Menschen kamen damals ums Leben. Das Unglück hat den Blick dafür geschärft, dass in der Textilwirtschaft weltweit bis zu 150 Millionen Menschen unter oftmals erbärmlichen Bedingungen arbeiten. Als Reaktion darauf war 2014 in Deutschland das Textilbündnis gegründet worden, in dem sich Modefirmen wie Esprit und Handelsketten wie H&M zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und mehr Umweltschutz bekennen. Dem Bündnis hat sich allerdings nur die Hälfte der Branche angeschlossen. Es gibt bereits zahlreiche Siegel wie „Fairtrade“ oder das EU-„Ecolabel“, die decken jedoch nur einzelne soziale oder ökologische Aspekte ab. Anders der „Grüne Knopf“: Müller spricht dabei von einem übergreifenden „Meta-Siegel“.
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Das sagen Textilbranche und Entwicklungsorganisationen zum „Grünen Knopf“
Der offizielle Branchenverband textil+mode lehnt das Label ab. Zum einen produziere die deutsche Modeindustrie bereits nach höchsten Umwelt- und Sozialstandards. Zum anderen sei ein nationales Siegel in einer globalen Industrie widersprüchlich, zumal es schon jetzt diverse anerkannte Qualitätssiegel gebe. Trotzdem hatten sich nach Ministeriumsangaben bis Ende August bereits mehr als 50 Firmen der Vorprüfung für den „Grünen Knopf“ unterzogen – vom Ein-Frau-Betrieb bis zum multinationalen Unternehmen.
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Die Entwicklungsorganisationen sehen Müllers Pläne grundsätzlich wohlwollend, sie gehen ihnen jedoch noch nicht weit genug. Thilo Hoppe von „Brot für die Welt“ etwa würde gesetzliche Regelungen vorziehen, räumt allerdings ein, dass dies in der Bundesregierung sehr umstritten sei. Als staatliches Meta-Siegel hat der „Grüne Knopf“ seiner Einschätzung nach eine „neue Qualität“ und könnte deshalb besonders im Beschaffungswesen von Bund, Ländern und Gemeinden eine wichtige Rolle spielen. Kritisch sieht er allerdings, dass einige Stufen der Lieferkette, wie Anbau und Ernte der Baumwolle, vorerst außen vor bleiben. Die Kriterien müssten weiterentwickelt werden, „bis sie alle Stufen der Lieferkette umfassen und auch existenzsichernde Löhne beinhalten”, so Hoppe.