Schuh-Trends wechseln jede Saison, nur die Stiefel der britischen Marke Dr. Martens sind seit über 50 Jahren nie out. STYLEBOOK erklärt die Geschichte des Kultschuhs und warum eigentlich erst der Skiunfall eines deutschen Arztes der Grund für die Erfindung war.
Es heißt, nichts und niemand kann es allen recht machen – außer die Schuhe von Dr. Martens. Denn kein anderes Schuhmodell mit der prägnanten Gummisohle wird gleichermaßen von den verschiedensten Subkulturen akzeptiert wie die klobigen Stiefel der britischen Kultmarke: Punks, Mods, Goths, Fashion-Bloggerinnen, Stars und sogar der legendäre britische Politiker Tony Benn trug sie in den späten Sechzigern, als Zeichen seiner Sympathie für die britische Arbeiterklasse.
Mit unserem Newsletter als Erstes up to date sein – hier geht’s zur Anmeldung
Der Beginn einer Schuh-Legende
Was sich wie die Erfolgsgeschichte eines britischen Unternehmens anhört, ist eigentlich deutsch, zumindest die Anfänge. Der Münchner Arzt Dr. Klaus Märtens brach sich 1945 beim Skifahren das Bein und suchte nach einer bequemen Schuh-Alternative. Zusammen mit dem Ingenieur Herbert Funk entwickelte er für die Schuhe eine Kautschuk-Sohle mit Luftkammern, die eingeschlossene Luft wirkt dabei wie ein Stoßdämpfer. Bald wurde der englische Schuhfabrikant Bill Griggs auf die gemütliche Erfindung aus Deutschland aufmerksam. Er erwarb die Lizenz für die weichen Sohlen, verpasste den Schuhen die berühmte gelbe Naht, die Stahlkappe sowie das legendäre Fähnchen und startete am 1. April 1960 mit der Großproduktion. Da für die Engländer der Namen schwer auszusprechen war, machte er der Einfachheit halber aus dem „ä“ ein „a“ im Urhebernamen – die Marke Dr. Martens war geboren. Besonders Menschen, die in ihrem Beruf lange und viel auf den Beinen sein müssen, wie Postboten, Polizisten oder Fabrikarbeiter, schworen von da an auf ihre Docs, wie Dr Martens auch genannt werden.

Auch interessant: Woher kommt eigentlich das Puma-Logo?
Wie die Jugendkulturen die Docs für sich entdeckten
Die erste Subkultur, welche die Arbeitsschuhe als Mode-Accessoire für sich entdeckte, waren die Mods. Richtig populär wurde der Schuhe Mitte der 60er-Jahre durch die englische Skin-Szene, damals noch nicht rassistisch, die durch ihre provokante Art auch der verträumten Hippie-Bewegung etwas aggressives entgegensetzen wollte. Der achtlöchrige Stiefel wurde dabei schnell Teil des Skin-Signature-Looks. Auch die Frauen trugen sie, kombiniert mit Netzstrumpfhosen und Minirock. In den 70ern und 80ern waren es die Punks, in den 90ern entdeckten die Grunger und die Gothics Doc Martens für sich. Heute haben die Schuhe ihr rebellisches Image schon lange hinter sich und werden auch von Promis wie den Olsen-Twins auf dem Red Carpet getragen.
Auch interessant: Diese Sneaker braucht MANN im Herbst
Darum ist Dr. Martens auch nach über 60 Jahren nicht out
Was ist also das Geheimnis dieser Schuhe, welche einfach nicht aus der Mode kommen und seit mehr als sechs Jahrzehnten den unterschiedlichsten Jugendkulturen Identität stiften und heute bei Promis wie Influencern für Halt an den Füßen sorgen? Die Antwort könnte simpler nicht sein. So erklärte Marketing-Chef Darren Campbell in einem Interview mit „Die Welt“: „Wir haben nie beabsichtigt in Mode zu sein.“ Genau diese „Ist von ganz alleine passiert“-Erklärung macht die Docs heute zum salonfähigen Klassiker der rebellischen Mittelfinger-Attitüde. So tut es auch kaum einen Abbruch, dass die Marke seit 2003 größtenteils in Asien produziert. Das macht die wesentlich kostspieligere „Made in England“-Kollektion nur umso begehrter. Und noch eines: In einer Welt, in der sich alles rasend schnell verändert, ist es doch irgendwie tröstend, wenn gewisse Dinge bleiben. So wie Doc Martens. Mit gelber Naht, Fähnchen und Stahlkappen.

