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Diagnose erst mit Mitte 40

Selma Blair über MS: »Wenn du ein Mädchen mit Symptomen bist, wirst du für verrückt erklärt

Selma Blair spricht offen über ihre lang unerkannte MS
Selma Blair spricht offen über ihre lang unerkannte MS Foto: Getty Images
Desireé Oostland
Autorin bei STYLEBOOK

21.04.2023, 15:34 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Als Selma Blair die Diagnose MS bekam, war sie Mitte 40. Dabei traten die ersten Symptome bereits mit sieben Jahren auf. Damals wurde ihr der Schrei nach Aufmerksamkeit vorgeworfen, ein MRT wurde nie gemacht. Jetzt sprach sie über die unerkannte MS, ihre letztendliche Diagnose und ihr Leben mit der Krankheit.

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Die Schauspielerin Selma Blair wird den meisten Menschen aus den Filmen „Eiskalte Engel“, „Natürlich Blond“ oder „Cool Girl“ bekannt sein. 2018 Jahr offenbarte Selma Blair der Öffentlichkeit ihre Krankheit: Multiple Sklerose. Seither zählt sie weltweit zu den bekanntesten Repräsentantin von Menschen mit Behinderung. Und das, obwohl ihr die Symptome auch heute noch deutlich zu schaffen machen, wie sie in einem Interview der Mai-Ausgabe der „Vogue“ erzählt.

Selma Blair über ihre Rolle als alleinerziehende Mutter

Selma Blair ist alleinerziehend, hat einen zwölfjährigen Sohn. Er begleitet seine Mama gerne auf Reisen um die Welt – wie beispielsweise nach London. Über die Auswirkungen ihrer Krankheit ist er sich bewusst. Nötige Ruhepausen werden auch auf Reisen immer gemeinsam eingehalten. Während Selma kurz schläft, schaut ihr Sohn leise Dokumentationen: „Wir lachen und kuscheln und ringen miteinander. Ich muss in kurzen Intervallen schlafen, aber daran hat er sich gewöhnt. Er tätschelt mir sogar um vier Uhr morgens den Kopf, wenn ich mit einem Jetlag zu kämpfen habe“, erzählt die 50-Jährige.

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Ihre viel zu späte MS-Diagnose

Dass sie heute weiß, was sie benötigt, verdankt sie der Diagnose, die ihr 2018 Licht ins Dunkle brachte. Denn die ersten Symptome zeigten sich erstmals mit sieben Jahren. Damals bemerkte sie Einschränkungen am rechten Auge, auch ihr linkes Bein konnte sie teilweise nicht bewegen. Ihre Mutter vermutete Krebs. Doch ein MRT wurde damals nicht gemacht. Stattdessen wurde angenommen, dass sie all das erfand, um im Mittelpunkt zu stehen. Die Ärzte wiesen sie ab. Für Blair bedeutet das ganz klar: „Wenn du ein Junge mit diesen Symptomen bist, wird ziemlich sicher ein MRT gemacht. Wenn du aber ein Mädchen bist, wirst du für verrückt erklärt.“

Später, als Erwachsene, äußerten sich die Symptome eher in Form von emotionalen Schüben. Die Schauspielerin erzählt, wie sie oft nachts aufwachte und ununterbrochen weinte. Sie selbst redete sich ein, dass sie ein „sehr emotionaler Mensch“ sei. Tatsächlich hatte die MS, die über all die Jahre nicht erkannt wurde, bereits den Frontallappen in ihrem Hirn beschädigt. Erst vierzig Jahre später kam die Diagnose. Zu ihrer Zeit als junges Mädchen sagt sie: „Ich sah für sie wie ein ‚normales‘ Mädchen aus, dabei hatte ich die ganze Zeit eine Behinderung“.

Auch interessant: Studie: Frühe Menopause begünstigt Krankheiten im Alter

Selma Blair über ihren Alltag mit MS

Was diese Krankheit MS so auszeichnet, ist das ständige Auf und Ab der Symptome: Während sie an einem Tag mit ihren Freundinnen um die Häuser ziehen, und das Leben vollends genießen kann, kommt sie an anderen Tagen kaum bis gar nicht aus dem Bett, kollabiert regelrecht. Durch eine hämatopoetische Stammzelltransplantation, die sie ein Jahr nach ihrer Diagnose erhielt, hat sich ihr Zustand in den vergangenen Jahren zwar verbessert, aber die verschiedenen Seiten der Krankheit zeigen sich trotzdem immer wieder.

„MS muss gesehen werden!“

Früher versteckte sie all diese, für sie zu der Zeit noch unerklärlichen, Symptome. Heute steht sie zu ihrer MS und zu allem, was dazu gehört. Kurz nach ihrer Diagnose gab es ein Fotoshooting, bei dem die Frage aufkam, ob die Schauspielerin sich mit ihrem Gehstock ablichten lassen möchte. Die Antwort war für sie sofort klar. „Ich habe eine emotionale und körperliche Bindung an ihn“, sagt sie. „Meine Stimme und mein Körper beruhigen sich, sobald ich den Stock in der Hand halte. Er ist sozusagen eine Erweiterung meiner selbst. Und ich weiß, dass er zur Sichtbarkeit beiträgt. So viele junge Menschen haben angefangen, ihre Gehstöcke öffentlich zu zeigen. Ich glaube, dass Repräsentation wichtig ist. Wenn ich dazu beitragen kann, das Stigma oder übermäßige Neugierde in einer Menschenmenge auch für andere zu eliminieren, dann ist das großartig“, erklärt Blair.

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Selma Blair über Selbstmordversuche und Alkohol

Während ihre Karriere am Höhepunkt war, und Selma Blair einen Film nach dem anderen drehte, versuchte sie ihre Beschwerden so gut es geht zu verstecken. Sie nahm am Set Medikamente zur Vorbeugung von Krampfanfällen und Angstzuständen. Zusätzlich trank sie viel Alkohol. Sie selbst sagt, dass sie „viele Fehler gemacht habe“. Mit „Fehler“ meint die Schauspielerin ebenfalls ein paar aus Selbstzweifel unternommene Selbstmordversuche.

Sie machte es sich zum Ziel, die Krankheit auf und hinter der Leinwand nicht durchschimmern zu lassen – niemand sollte etwas merken: „Ich erinnere mich, dass es mir bei ‚Hellboy‘ sehr, sehr schlecht ging. In Prag wurden Katzenkratzfieber und ein Verdacht auf Leukämie diagnostiziert. Ich konnte es niemandem sagen. Ich konnte meinen Alkoholismus nicht zugeben und wollte auch keine Behandlung bei meiner Versicherung in Anspruch nehmen, weil ich befürchtete, daraufhin als Risikopatientin eingestuft zu werden. Als ich nach L.A. zurückkam, brach ich sofort zusammen. Ich konnte nichts mehr zu mir nehmen. Nur Wein“, erzählt sie über die wohl schwierigste Zeit in ihrem Leben.

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Auch, wenn es nicht so einfach ist, wie früher, verfolgt Selma Blair ihre Karriere auch heute noch – sehr erfolgreich. Zeitgleich sieht sie, wie schwierig die Branche für Menschen mit Behinderung ist. Das will sie ändern. Heute ist sie allerdings nicht nur eine erfolgreiche Schauspielerin, sondern auch Repräsentantin für Menschen mit Behinderung und Bestseller-Autorin. Auch ihr Dokumentarfilm „Introducing“, ein tief blickender und ehrlicher Einblick in das Leben mit MS und eine Aufklärung über die Krankheit, wurde zu einem Erfolg. Ihre Offenheit und ihre Kraft inspirieren heute Million von weiteren Menschen, die mit einer Krankheit leben müssen.

Quellen
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