27. Mai 2025, 17:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Ein Sexspielzeug sorgt für hitzige Diskussionen – vor allem bei Männern. Warum der Satisfyer nicht nur Lust, sondern auch Unsicherheit auslöst, was das mit Männlichkeitsbildern zu tun hat und warum Frauen sich davon nicht verunsichern lassen sollten.
Selbstbefriedigung ist eine gute Sache: Es trägt nicht nur zu einem besseren Selbstbild, einer erfüllteren Sexualität und dem mentalen Wohlbefinden bei, sondern sorgt außerdem für Stressabbau. Für manch einen ist es sogar die perfekte Einschlafhilfe. Ob Frau dabei lieber selbst Hand anlegt oder auf professionelle Hilfsmittel in Form von Sexspielzeug greift, ist Geschmackssache. Doch so locker nehmen das manche Männer nicht. Zumindest entsteht der Eindruck bei einem Blick in die Kommentarspalte unter einem Post der Threads-Userin vivi.wi, der im April viral ging. Zu sehen ist das Foto eines Ladekabels eines Satisfyer, einem der meistverkauften Sextoys in Deutschland. Darüber steht: „Jede Frau, die dieses Ladekabel nicht kennt, verpasst was in ihrem Leben“. Was eigentlich ein witzig-selbstbewusstes Posting sein sollte, erregt – im wahrsten Sinne des Wortes – bei vorzugsweise männlichen Usern die Gemüter.
Übersicht
Männer und Sexspielzeug: Kommentare zwischen Misogynie und gekränkter Männlichkeit
Denn die Kommentare, die unter dem vermeintlich harmlosen Foto zu sehen sind, gehen als „Satisfyer-Debatte“ in den sozialen Medien viral. Dass ausgerechnet ein technisches Gerät ein Penis-Ersatz sein soll und noch dazu Lust-erfüllender sein soll als Durchschnitts-Sex mit einem Mann, scheint das Ego vieler zu kränken – oder aber jenseits ihrer Vorstellkraft zu liegen. Viele (männliche) User sind sich einig: Frauen, die dieses Kabel kennen, haben einfach keinen Mann, mit dem sie richtigen Sex haben können.
Zu lesen sind Sätze wie: „Jede Frau, die diesen Stecker kennt, hat keinen Mann, mit dem man das Leben genießen kann“ oder: „… bei denen, die sie kennen, braucht niemand etwas zu suchen. Da findet Mann nichts.“ Manch einer antwortet auch einfach nur: „Igittigitt“. Die meisten Frauen und auch eine Reihe Männer nehmen das mit Humor. Eine der besten Antworten: „Die weibliche Klitoris hat 8000 Nervenenden und ist immer noch weniger empfindlich als ein Mann, wenn man den Satisfyer erwähnt.“ Das bringt viele aus dem Anti-Sextoy-Lager noch mehr auf die Palme.
Satisfyer sorgt für erhitzte Gemüter
Ein User fühlt sich besonders angegriffen von dem Bild, geht sogar so weit, weibliche Kommentatoren, die den Satisfyer ebenfalls loben als „weibliche Incels“ zu titulieren und setzt dutzende Kommentare in diesem Tonus ab (sic!): „Solange diese Dinger kein Atem haben der einem sanft über die Haut gepustet wird , solange diese Dinger nicht mit sanften Lippen küssen können,solange diese keinen Herzschlag haben den man spühren und hören kann,solange das spühren von Haut auf Haut viel sinnlicher ist als deren mechanischer Summton und solange diese Dinger nicht leidenschaftlich wild stöhnen und keuchen und vor Lust aufschrein können ….und einen nicht nach mehr verlangent anschauen können..solange ist’s kein Ersatz“.
Okay, Botschaft angekommen. Doch wieso fühlen sich so viele Männer von einem Sextoy angegriffen, wenn sie ihr eigene sexuelle Performance doch gar nicht infrage stellen?
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Warum stört der Satisfyer Männer?
Vielleicht liegt hier genau des Pudels Kern. Über Generationen hinweg wurde ein ganz bestimmtes Bild von Männlichkeit propagiert: Stark und immer bereit – auch im Hinblick auf Sex. Schwäche zu zeigen, indem Fall also eine Frau nicht zum Orgasmus bringen zu können, wird als persönlicher Makel hingenommen. Dabei ist es gar nicht so selten, dass Frauen beim penetrativen Geschlechtsverkehr nicht zum Höhepunkt kommen: Laut einer Umfrage des Sextoy-Herstellers Arcwave aus dem Jahr 2021 erleben nur 20 Prozent aller Frauen einen Orgasmus beim Sex mit einem Mann. Zum Vergleich: Bei den Männern sind es über 90 Prozent.
Dass an dieser Quote aber nicht unbedingt ein Sextoy schuld ist, sondern eventuell das Resultat einer mangelnden Kenntnis der weiblichen Anatomie, kommt Mann nicht in den Sinn. Und schwups, gekränkte Männer-Egos in Threads-Kommentarspalten sind die Folge.
Beim Hersteller Satisfyer nimmt man die Debatte mit Humor. „Dass ein kleiner Vibrator so große Gefühle auslösen kann – und zwar nicht nur im Bett, sondern auch im Kopf mancher Männer – überrascht mich offen gesagt nicht“, sagt etwa die Sexologin Melanie Eichhorn zu STYLEBOOK. Sie berät das Unternehmen und klärt Nutzerinnen und Nutzer über Sextoys auf.

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Satisyer-Kritik von Männern: Pure Eifersucht oder gesellschaftliche Unsicherheiten?
Ihrer Meinung nach sollten sich Frauen durch die Kommentare einiger Männer in den sozialen Netzwerken nicht verunsichern lassen. Schließlich hat die Verwendung von Vibratoren, Dildos und Co. eindeutige Vorteile: „Wenn Frauen selbstbestimmt mit ihrer Lust umgehen, wirft das manchmal Fragen oder auch Unsicherheiten auf. Denn Sexualität ist nicht nur körperlich, sondern auch emotional aufgeladen – für alle Geschlechter. Während männliche Lust gesellschaftlich schon lange als selbstverständlich gilt, wurde weibliche Sexualität über Jahrhunderte eher unsichtbar gemacht. Dieses Bild wirkt bis heute nach – in Normen, Erwartungen und manchmal auch in den Köpfen.“
Für sie zeige die Debatte, wie wichtig Emanzipation und Selbstbestimmung im Hinblick auf die eigene Sexualität sind. „Wir wollen daran erinnern, wie wichtig sexuelle Selbstliebe ist – und wie empowernd es sein kann, den eigenen Körper wirklich zu kennen“, sagt die Sexologin. Dem können wir bei STYLEBOOK uns nur anschließen.