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Psychisches Phänomen

So kommen People Pleaser aus der Spirale heraus

Frau am Laptop mit Kopf in die Hände gestützt im dunklen Büro
Wieder die Letzte im Büro, weil Sie noch Aufgaben anderer übernommen haben? Dann kann es sein, dass Sie ein People Pleaser sind. Was das ist und was Sie dagegen tun können, erfahren Sie hier. Foto: Getty Images
Carmen Dörfler
Redakteurin STYLEBOOK

12.06.2023, 17:17 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Es allen recht machen wollen und sich dabei oft selbst vergessen – das ist das Leben vieler sogenannter „People Pleaser“. Davon betreffen sind nicht nur, aber häufig Frauen. Auch die Schauspielerin Katherine Heigl kann ein Lied davon singen, wie sie in einem Gespräch mit ihrer ehemaligen „Grey’s Anatomy“-Kollegin Ellen Pompeo verrät. Was Heigl erlebt hat, was People Pleasing mit uns macht und wie auch Sie aus dem Teufelskreis ausbrechen können, lesen Sie hier.

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Eigentlich sind Ihre Akkus leer, doch Sie nehmen trotzdem noch den nächsten Auftrag an? Sie haben eigentlich genug Arbeit, doch ein Kollege bittet Sie, ihm noch bei einem Projekt zu helfen, Sie sagen zu? Sie fahren die Kids zum Sport und freuen sich auf einen entspannten Nachmittag, doch dann sollen Sie noch spontan den Einkauf übernehmen – also auf zum Supermarkt! Klingt das nach Ihnen? Dann sind Sie vermutlich ein sogenannter „People Pleaser“.

Was ist ein People Pleaser?

People Pleaser sind Menschen, die die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen über die eigenen stellen. Sie nehmen mehr und mehr kleinere und größere Aufgaben an, immer in der Hoffnung auf Dankbarkeit, Anerkennung und jede Art von positivem Feedback. Warum tun sich Menschen so etwas an? Weil sie sich zu viele Gedanken machen, was andere von ihnen denken könnten, wenn sie es nicht täten. Die möglicherweise negativen Gedanken der anderen sowie deren Bedürfnisse und Wünsche sind wichtiger als das eigene Wohlbefinden. Sie ahnen es bereits: People Pleasing macht auf Dauer nicht glücklich.

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Auch Katherine Heigl und Ellen Pompeo kennen People Pleasing

Das wissen auch die Schauspielerinnen Ellen Pompeo und Katherine Heigl. Die beiden ehemaligen „Grey’s Anatomy“-Stars haben sich für das Video-Format „Actors on Actors“ der Zeitschrift „Variety“ miteinander über die gemeinsame Serie, Karriere, Kinder und das Leben unterhalten. In dem knapp einstündigen Video kommt auch die Geschichte auf, die Katherine Heigls Karriere geprägt hat.

So hieß es rund um ihren Ausstieg bei der Arztserie 2010 nämlich, sie solle eine Diva, undankbar und überheblich sein. In der Folge blieben große Rollenangebote aus. „Die Leute wollen, dass ich die Böse bin“, sagt die 44-jährige Heigl. „Ich gebe ihnen das gern, weißt du“, so die Schauspielerin. „Es gibt zwei Rollen, in die Frauen passen“, fällt Ellen Pompeo ihr ins Wort „Opfer oder Bösewicht.“ Weiter: „Und die Frauen, die Opfer sind, sind nur Opfer, weil sie nicht die Courage haben, der Bösewicht zu sein.“

Ellen Pompeo wurde gesagt: „Du wirst die unbeliebteste Person am Set sein.“

Denn dazu müsse man es aushalten können, dass Leute einen nicht mögen. Das habe auch Ellen Pompeo im Zuge ihrer Gehaltsverhandlungen nach Patrick Dempseys Ausstieg für die berühmte Arztserie lernen müssen. 575.000 Dollar soll Pompeo pro Folge bekommen haben. Jedoch niemand am Set würde sich für sie freuen, habe Pompeo gesagt bekommen. Sie sei von nun an die unbeliebteste Person dort, habe ihr Manager ihr klargemacht. Doch Pompeo ist damit im Reinen. In einem Interview mit dem Hollywood Reporter vor einigen Jahren erklärte sie: „Ich bin jetzt 48, also bin ich endlich an dem Platz angekommen, an dem es für mich ok ist, nach dem zu fragen, was ich verdiene, was etwas ist, das nur mit dem Alter kommt.“

Katherine Heigl hat Jahre gebraucht, wieder auf sich selbst zu hören

Auch Heigl habe lange mit der öffentlichen Meinung über sie kämpfen müssen, wie sie im Gespräch zugibt. So habe sie nicht mit solch einem negativen Feedback der Menschen gerechnet. „Es hat eine Weile gedauert, bis ich wirklich aufgehört habe, das Opfer zu sein aufgrund der Reaktionen, die ich bekommen habe, und all den Lärm auszublenden, weil ich den Großteil meines Lebens, wie es viele Frauen tun, im People Pleaser-Modus verbracht habe. Es ist wirklich beunruhigend, das Gefühl zu haben, du missfällst allen und es war gar nicht meine Absicht, das zu tun, aber ich hatte einige Dinge zu sagen, weißt du? Und ich hatte nicht gedacht, dass ich so eine starke Reaktion darauf bekomme“, erklärt sie.

Diese Gedanken haben Heigl nach dem Abschalten ihres People Pleaser-Modus lange beschäftigt: „Und so hat es etwa bis in meine Mitt-30er gedauert, dahin zurückzukommen, wo ich den Lärm abschalten konnte und mich fragte, nein, wer bist du? Wer bist du, ohne all die Meinungen darüber, wer du bist? Bist du diese schlimme Person? Bist du undankbar? Bist du unfreundlich? Bist du unprofessionell? Bist du schwierig? Bist du all das? Denn ich war verwirrt. Ich dachte, vielleicht war ich das. Weißt du, und ich habe diese Version buchstäblich geglaubt und mich lange Zeit so geschämt, und dann musste ich mich fragen, warte, warte, auf wen höre ich? Ich höre nicht mal auf mich. Ich weiß, wer ich bin. Ich brauche niemanden, der mir sagt, wer ich bin. Und es gibt nur sehr wenige Menschen, deren Meinung über mich wirklich zählt.“

Die Schauspielerin Heigl hat einen Tipp für Frauen, die keine People Pleaser mehr sein wollen

Die heute 44-Jährige hat auch einen Rat für alle anderen Frauen, die im People Pleasing-Kreislauf feststecken: „Jeder auf dieser Welt sollte einen Weg finden, seine eigene Meinung über sich selbst das wichtigste sein zu lassen, das zählt.“ Dass der Weg dorthin nicht leicht ist und auch durch die Gesellschaft nicht leichter gemacht wird, wird in Pompeos Worten deutlich: „Niemand mag eine selbstbewusste Frau. Sie hätten dich lieber als Frau, die ihr Selbstbewusstsein noch sucht, als dass du tatsächlich eine selbstbewusste Frau bist. Denn das macht sie nervös.“

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People Pleasing wirkt sich negativ aus

People Pleasing kann jedoch schwerwiegende Auswirkungen auf unsere Beziehungen und unsere mentale Gesundheit haben. So reimen sich People Pleaser meist selbst zusammen, was das Gegenüber von ihnen erwarten oder brauchen könnte. Ist diese Annahme aber falsch, kann nicht nur das Gegenüber verärgert sein, sondern auch der People Pleaser selbst, da er sich Mühe gegeben und dennoch nicht die erhoffte Anerkennung bekommen hat. Darüber hinaus verlieren wir so immer mehr den Kontakt zu uns selbst. Wir wissen nicht mehr, was unsere eigenen Wünsche und Bedürfnisse sind, weil wir mit den Gedanken viel zu sehr bei den Wünschen und Bedürfnissen anderer sind. Ein selbstbestimmtes Leben zu führen, wird so schwierig, innere Unzufriedenheit ist vorprogrammiert.

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So entfliehen Sie der People Pleaser-Spirale

Wie jedoch kann man aus der People Pleaser-Spirale entkommen? Für Heigl kam der Ausbrauch im Alter von Vierzig: „Ich hatte das Gefühl, 40 war Freiheit, denn ich musste nicht mehr das junge, süße, naive, people-pleasing junge Ding sein, weißt du? Als wäre ich da herausgewachsen.“ Deshalb wünsche sie sich auch ihre 20er nicht zurück. Doch ist Selbstbewusstsein wirklich etwas, das sich erst mit dem Alter entwickelt? Sind wir bis dahin dazu verdammt, People Pleaser zu bleiben? Natürlich nicht! Sicherlich gibt es eine Selbstsicherheit, die sich mit steigendem Alter entwickelt, doch wir haben es auch selbst in der Hand, uns aus der People Pleasing-Spirale zu befreien.

Psychologen raten dazu, den Kontakt zu sich selbst wieder aufzubauen. Finden Sie heraus, was Sie eigentlich wollen. Was sind Ihre Wünsche, Ihre Träume, Ihre Bedürfnisse? In jedem Teilbereich des Lebens, beruflich oder privat. Fühlen Sie hin und lernen Sie sich selbst besser kennen. Wenn Sie eine Vorstellung von dem haben, was Ihr Leben schöner macht und wo Ihre Grenzen liegen, müssen Sie diese kommunizieren. Lernen Sie Nein zu sagen, wenn Sie keine Lust, Zeit oder Energie für etwas haben. Tun Sie sich selbst Gutes, denken Sie an sich. Und stehen Sie zu Ihren Bedürfnissen, selbst wenn andere Sie deshalb weniger gernhaben sollten. Sie werden sehen, mit der Zeit steigert sich Ihr Selbstwertgefühl, Sie werden selbstbewusster und sagen nur noch Ja, wenn es sich für Sie stimmig anfühlt und brechen so – wie Heigl und Pompeo – nach und nach aus dem People Pleaser-Kreislauf aus.

Quellen

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