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Endlich Zeit für mich

Redakteurin verrät, wieso „Me-Time“ für sie so wichtig ist 

Me-Time kann manchmal einfach bedeuten, sich mit leckerem Kaffee und einem guten Buch auf die Couch zu kuscheln
Me-Time kann manchmal einfach bedeuten, sich mit leckerem Kaffee und einem guten Buch auf die Couch zu kuscheln Foto: Getty Images
Anna Wengel

12.07.2023, 20:37 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Me-Time kommt bei vielen Menschen häufig zu kurz. Wieso die Zeit für einen selbst so wichtig ist und wie man sie sich stückweise schafft, erklärt unsere Autorin. Sie beschäftigt sich als Coach und als Mama beruflich wie privat mit diesem Thema.

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Me-Time – seit ich Mama bin, höre ich diesen Begriff überall. Vermutlich weil das, was er bedeutet, nämlich Zeit für mich, seit Mann und Kind in mein Leben eingezogen sind, ein rares Gut geworden ist. Vermutlich aber auch, weil ich mich in meiner Bubble von Mittdreißigern, mit Leuten befinde, die wie ich jetzt Kind(er) haben, eine Beziehung führen und/oder mitunter in sehr Zeit und Energie fordernden Jobs stecken. Oder aber auch, weil es ein bisschen mehr Bewusstsein dafür gibt, dass Zeit für einen selbst wichtig ist. Dass kein Mensch einfach nur immer funktionieren kann, Arbeit, Familie, Verwandte und Freunde immer Vorrecht haben dürfen. Weil, zumindest habe ich diese Hoffnung, langsam ein Verständnis dafür entwickelt wird, dass jeder von uns zählt und in seinem Leben der wichtigste Mensch sein sollte – und entsprechend ein Recht auf seine Zeit hat.

Wie gesagt, ich bin selbst Mama und verstehe jeden Einwand, gerade von Eltern, die nicht wissen, wie sie das mit der Zeit für sich selbst oder auch nur der eigenen Priorisierung bewerkstelligen sollen. Die sich vielleicht denken, ja, schön und gut, tolle Theorie, aber wo soll ich die Zeit für mich hernehmen, wenn ich parallel drei Kinder zu versorgen, den Haushalt zu schmeißen und zu arbeiten habe. Ich verstehe es. Es ist aber trotzdem wichtig. Und wenn man nur im ganz Kleinen anfängt.

Das Dilemma: Me-Time vs. schlechtes Gewissen

Vor einigen Jahren noch als Single und Soloreisende überall auf der Welt unterwegs, mit Zeit für mich im Überfluss, empfinde ich den Kontrast zum Leben in einer Familie mitunter als sehr krass. Und ich höre mich Sätze zu meinem Mann sagen, wie „Ich brauche unbedingt mehr Zeit für mich“, also das, was ich mal als mein Lebensrecht verstanden und eigentlich auch nicht allzu viel darüber nachgedacht habe. Zeit für mich war mal so selbstverständlich wie Atmen. Da frage ich auch nicht um Erlaubnis.

Heute ist das anders. Um sie zu bekommen, muss ich sie einfordern beziehungsweise mir nehmen, diese Zeit für mich. Und mich gleichzeitig mit einem anderen Dilemma auseinandersetzen: meinem ultraschlechten Gewissen, meiner Tochter und auch meinem Mann gegenüber. Meine Tochter braucht mich. Mein Mann auch, aber mindestens genauso seine eigene Zeit für sich. Und dann sind da ja auch noch die Arbeit, die Freunde und andere Familienmitglieder. Ich vermute, dieses Dilemma kennen viele.

Und viele von uns neigen dazu, dieses Bedürfnis nach Me-Time erst einmal hinten anzustellen. Von Freundinnen wie von Coaching-Klienten höre ich immer wieder Sachen wie: Wer hat denn die Zeit dafür? Wo soll ich denn die Zeit für mich noch hereindrücken, der Tag ist eh schon zu kurz. Mich jetzt auch noch damit zu stressen, dass ich Zeit für mich aufopfern soll, das ist mir echt zu viel. Und so weiter. Die Probleme kommen aber dann, wenn man sich diese Zeit eben nicht gibt.

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Das passiert, wenn man das Bedürfnis nach Me-Time ignoriert

Sind meine Akkus leer, bin ich unausgeglichen. Müde, schneller genervt, ungeduldig, mitunter schlecht gelaunt, nervös, fahrig, teilweise neige ich dann zu Kopfschmerzen – die Liste lässt sich sicher noch fortführen, aber ich glaube, es wird klar. Ohne Zeit, sie wieder aufzuladen, geht es mir nicht gut. Und ich bin auch sicherlich kein allzu netter Umgang. Und damit bin ich nicht allein. Menschen reagieren unterschiedlich auf Dauerstress und fehlende Zeit, um herunterzukommen und sich zu entspannen. Auf psychischer oder körperlicher Ebene oder auch auf beiden zusammen. Das kann sich dann an Symptomen zeigen, wie denen, die ich gerade beschrieben habe. Das geht vielleicht noch, mag manch einer denken. Passt man aber nicht auf sich auf, kann sich das Ganze auch zu schlimmeren Erkrankungen auswachsen. Auch deshalb ist es wichtig, sich Zeit für sich selbst freizuschaufeln.

Während ich das hier aufschreibe, merke ich, wie sich etwas in mir sträubt. Ich schreibe diverse Gründe auf, wieso Me-Time wichtig ist, als müsste ich mich dafür rechtfertigen. Und ich glaube, das ist eins der Hauptprobleme. Zeit für einen selbst tut gut. Punkt. Dafür will ich mich nicht rechtfertigen. Und sollte ich auch nicht, niemand sollte das. Deshalb höre ich an dieser Stelle damit auf und gehe zu dem nächsten Teil über – was man mit seiner Zeit für sich anfangen kann.

Was tun mit der Zeit für sich?

Ich glaube, da geht bei manch einem schon der nächste Stressradar los. Es gibt diverse Listen an Dingen, die man mit sich allein tun soll und kann – und schnell endet das in einem von aktuell 10.081.209 Instagram-Posts unter dem Hashtag „metime“. Also auch schon wieder Stress. Schmeißt das Handy weg, wenn ihr allein mit euch seid – ihr seid es sonst nämlich nicht. Und was das „tun“ angeht. Es geht bei der Zeit für sich darum, sich zu entspannen, herunterzufahren, achtsam mit sich umzugehen, nicht darum, etwas besonders Tolles, Aufregendes oder gar Vorzeig(und like-)bares zu schaffen. Und auch nicht darum, die Zeit für sich, mit irgendetwas Nützlichem zu füllen, wie putzen, kochen, aufräumen und Co. (es sei denn, das ist etwas, dass euch tiefenentspannt und zur Achtsamkeit verleitet, dann bitte). Es geht um euch. Darum, etwas mit euch selbst zu tun, das euch guttut.

Zwei Beispiele: Meine optimale Me-Time ist es, auf einer Klippe in Portugal zu sitzen und aufs Meer zu schauen und vielleicht zu lesen – allein. Genauso gut tut es aber auch mein, inzwischen wieder fest eingerichtetes, Morgenritual: zwanzig Minuten allein mit meinem Kaffee und einem Buch. Das kriegen wir hin, weil mein Mann morgens für diese Zeit mit unserer Tochter spazieren geht. Frische Luft und Spaß für die beiden, freie Zeit für mich. Das ist ein Beispiel und sicher keins, das für jeden funktioniert. Ich schreibe es als Anreiz, sich zu überlegen, was im Alltag guttun würde, um dann ein Zeitfenster dafür zu schaffen. Das ist ein Anfang. Denn vielleicht geht nicht gleich die Reise allein, aber ein paar Minuten am Tag können sich die meisten vielleicht doch freischaufeln.

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Und was ist, wenn ich gar nicht mir allein sein will?

Eine Klientin von mir mag nicht mit sich allein sein. Wann immer sie das „muss“, füllt sie diese Zeit mit Fernsehen, Social Media oder telefoniert mit Freunden. Allein mit sich selbst fühlt sie sich einsam. Wie bei meiner Klientin ist es sicherlich auch bei vielen anderen das, was in der eigenen Gedanken- und Gefühlswelt aufkommt, Angst macht. Selbstzweifel, Ängste, Sorgen, negative Gedankenschleifen, unschöne Erinnerungen – die Liste ist lang. Und mitunter unangenehm. Deshalb wird sich abgelenkt und diese Stimmen einfach übertönt. Das wiederum laugt dann auch wieder aus. Diesen Kreislauf zu durchbrechen, ist wichtig.

Wer nicht mit sich allein sein will, sollte das unbedingt lernen. Zum einen, weil es gut tut, das Selbstwertgefühl stärkt und unabhängig macht. Aber auch, weil da sicherlich Themen sind, die angeschaut werden wollen. Das muss niemand allein machen. Je nach Schweregrad und Problem können Psychotherapeuten oder auch entsprechend spezialisierte Coaches oder psychologische Berater helfen.

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