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„Be the bigger Person“

Dieser TikTok-Trend fördert Körperhass unter Frauen

Der TikTok-Trend „be a bigger person“ weckt bei vielen Frauen Selbstzweifel
Der TikTok-Trend „be the bigger person“ weckt bei vielen Frauen Selbstzweifel Foto: Getty Images

17.04.2024, 17:20 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Fast 80 Prozent aller Frauen zwischen 16 und 40 Jahren würde gerne etwas an ihrem Aussehen ändern. Unrealistische Schönheitsideale sowie Bodyshaming, wenn diese Ideale nicht erreicht werden, begegnen dabei vielen Menschen täglich. Gerade über soziale Medien wie Instagram und TikTok, auf denen vor allem eine junge Zielgruppe unterwegs ist, werden gesellschaftliche Schönheitsstandards in sekundenschnelle verbreitet. Jetzt geht ein neuer, kritischer Trend viral – STYLEBOOK berichtet.

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Auf TikTok geht derzeit ein weiterer Trend viral, der einmal mehr zeigt, wie schnell sich Körperhass unter Frauen verbreiten kann – selbst wenn das nicht die Intention der Erstellerinnen sein mag. „Be the bigger Person“ heißt es in mittlerweile fast 10.000 Videos auf der Social-Media-Plattform. Dass es bei der Redewendung eigentlich darum geht, sich erwachsen und vernünftig zu verhalten, wird getrost ignoriert. Stattdessen wird mal wieder der weibliche Körper und wie dieser auszusehen hat in den Vordergrund gestellt.

Darum geht es im „Be the bigger Person“-Trend

„Be the bigger person“ ist ein Satz, den wir guten Freunden gerne raten, wenn sie uns von Streitgesprächen oder Konflikten erzählen. Im übertragenen Sinne bedeutet er so viel wie „Steh da drüber“ und soll an die Stimme der Vernunft appellieren. Denn manchmal ist es sinnvoller, eine Sache ruhen zu lassen – der Klügere gibt schließlich nach. So weit, so gut. Problematisch wird es allerdings, wenn „Be the bigger Person“ wörtlich anstatt metaphorisch genommen wird. Das lässt sich momentan im Rahmen eines viralen Trends auf der Social-Media-Plattform TikTok beobachten. „Bigger“, also „größer“ wird hier nämlich nicht auf Charakterstärke, sondern auf den weiblichen Körper bezogen – und genau hier wird aus einem gut gemeinten Ratschlag unterschwelliges Bodyshaming.

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Mit der Überschrift „Be the bigger Person“ veröffentlichen vornehmlich Frauen Videos, in denen sie ihren (in der Regel) sehr schlanken Körper zeigen. „Bigger“ also größer zu sein, sei ihnen aufgrund ihrer Wespentaille und des flachen Bauchs gar nicht möglich, so die Quintessenz der Beiträge. „Bigger“ kann nämlich auch mit „dicker“ übersetzt werden. Indem in solchen Videos nur schlanke oder durchtrainierte Körper vorgeführt werden, wird ein unrealistisches Schönheitsideal vermittelt. Dünnsein wird idealisiert, während gleichzeitig Frauen, die nicht diesem Bild entsprechen, in den Schatten gestellt werden. Dabei ist es natürlich nicht falsch, sich wohl in seinem Körper zu fühlen oder stolz auf die eigenen Trainingsergebnisse zu sein – doch müssen diese ständigen Vergleiche immer sein?

Das Schlimmste am „Be the bigger Person“-Trend: Er ist nicht der erste seiner Art. Ob Legging Legs, Hip Dips und Thigh Gaps – stets geht es darum, ein Schönheitsideal für Frauen zu schaffen, welches schlussendlich jedes Mal unrealistisch für einen Großteil der Frauen ist. Das Idealisieren des weiblichen Körpers hat allerdings nicht erst mit Einführung der sozialen Medien begonnen. In nahezu jedem Magazin für Frauen gibt es Ratschläge, wie diese ihr Aussehen optimieren können. Und auch in den meisten Werbungen oder Kampagnen sind überdurchschnittlich schöne Frauen mit Model-Maßen zu sehen. Doch vielleicht wird es langsam Zeit, die Medien mit echten Frauenkörpern zu fluten, anstatt Menschen aufgrund ihres natürlichen und gesunden Körpers ein schlechtes Gefühl zu vermitteln.

Die Wahrheit ist nämlich: Die meisten von uns haben keine 90-60-90-Figur und das ist vollkommen normal. Was hingegen nicht normal ist, ist aus jedem äußerlichen Merkmal einen Trend zu machen. Denn der menschliche Körper sollte nicht wie eine kurzfristige Modeerscheinung behandelt werden. Schließlich geht es nicht um eine ausgefallene Frisur, die gerade in ist, oder um einen hippen neuen Kleidungsstil, sondern um gesellschaftlich tief verankerte Schönheitsideale. Trends wie „Be the bigger Person“ können dabei nicht nur den Selbstwert einer Person beeinflussen, sondern sich schlimmstenfalls auch auf die mentale und nicht zuletzt auf die körperliche Gesundheit auswirken. So besteht laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ein Zusammenhang zwischen Essstörungen und einem übermäßigen Konsum sozialer Medien.

Unterbauchfett schützt wichtige Organe

Hinzu kommt, dass gerade der Unterbauch eine wichtige Rolle im weiblichen Körper spielt. Der weibliche Körper ist nämlich sehr belastbar und anpassungsfähig. Bereits in der Pubertät bekommen das Mädchen und junge Frauen zu spüren. Und das hat seinen Grund, denn bricht man es auf das Wesentliche herunter, ist er dafür ausgelegt ein Kind auszutragen. Wichtige Organe, wie etwa die Gebärmutter, brauchen deshalb Platz, um all ihre Funktionen ausführen zu können. Der Uterus liegt dabei – richtig geraten – auf Höhe des Unterbauchs. Fett an dieser Stelle ist also nicht zwangsweise das Ergebnis von mangelhafter Ernährung oder zu wenig Bewegung. Es erfüllt vor allem die Funktion, die Gebärmutter zu schützen. Die individuelle Genetik kann dabei eine Auswirkung auf das Ausmaß der Wölbung haben. Zusätzlich variiert die Größe der Gebärmutter selbst von Frau zu Frau.

Wenn auch der „Be the bigger Person“-Trend suggeriert, dass ein flacher Bauch das absolute Schönheitsideal ist, sollte man dabei nicht aus den Augen lassen, weshalb der eigene Körper auf natürliche Weise so aussieht, wie er nun mal aussieht. Auch das weibliche Geschlechtshormon Östrogen kann für eine erhöhte Fetteinlagerung an der Hüfte sorgen. Keinen flachen Bauch zu haben ist also mehr als normal und sollte deshalb nicht als weniger schön oder gar weniger wertvoll angesehen werden. Zusätzlich kann etwa das Einziehen des Bauches, damit dieser flacher erscheint, zu Blähungen und Verdauungsstörungen sowie zu Schmerzen führen. Das also lieber sein lassen!

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Gesundheit anstatt „Be the bigger Person“ als Schönheitsideal

Besser wäre es, von der Utopie des perfekten Aussehens wegzukommen und statt unrealistischer Schönheitsstandards, gesunde und natürliche Körper zu idealisieren. Denn selbst perfekt erscheinende Influencer und makellos wirkende Hollywoodstars leiden ab und an an einem Blähbauch, haben beim Hinsetzen Fettröllchen an den Hüften oder Dehnungsstreifen an den Oberschenkeln. Und trotzdem würde niemand auf die Idee kommen, dass diese Eigenschaften eine andere Person weniger schön machen. Wieso also sind wir in dieser Hinsicht so streng zu uns selbst, anstatt dankbar für einen so starken und gesunden Körper zu sein?

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Der Lichtblick am Himmel: Auf jeden kontroversen Trend folgt in der Regel schnell ein Gegentrend. So springen zahlreiche TikTok-Userinnen auf den „Be a bigger Person“-Zug mit auf und interpretieren ihn neu. Oder besser gesagt: Sie geben der ursprünglichen Aussage ihre Bedeutung zurück. Mit der gleichen Videobeschreibung präsentieren sich Frauen nun mit ihren vermeintlichen Makeln und Unsicherheiten, ganz ohne Filter und Baucheinziehen und zeigen somit anderen Frauen: Ihr seid gut und schön, so wie ihr seid! Auf TikTok findet das schnell Anklang. Unzählige Frauen sind sich in den Kommentarspalten der Beiträge einig: „Körper sind halt einfach kein Trend. Ende der Durchsage“.

Themen Body Positive Mental Health TikTok-Trend
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