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Meinung

Darum sollten Periodenprodukte auch in Deutschland kostenlos sein!

Frau hält Tampons in der Hand
Warum Periodenprodukte auch in Deutschland kostenlos sein sollten – ein Meinungsstück Foto: Getty Images
Rebecca Stringa
Redaktionsleitung bei STYLEBOOK

17.08.2022, 13:24 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

In Schottland ist es seit Anfang dieser Woche beschlossene Sache: In Bildungs- und städtischen Einrichtungen müssen für Frauen kostenlose Menstruationsartikel ausliegen. Kommt eine solche Regelung auch flächendeckend in Deutschland? Eine Mehrheit würde das einer Umfrage zufolge befürworten, auch gibt es schon richtige Ansätze. Doch noch immer muss die Menstruation weiter enttabuisiert werden, findet unsere Redakteurin.

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Nach eigenen Angaben ist Schottland das erste Land der Welt, in dem es ein Gesetz gibt, dass kostenlose Periodenprodukte in öffentlichen Einrichtungen ausliegen müssen. Ein Vorreiter – denn bereits seit 2017 sind Menstruationsprodukte dort an vielen öffentlichen Orten verfügbar. Auch eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung würde ein solches Vorgehen befürworten. In einer repräsentativen YouGov-Umfrage sprachen sich 66 Prozent der Befragten dafür aus, Frauen etwa in Gemeindezentren oder Apotheken einen unentgeltlichen Zugang zu Artikeln wie Tampons oder Binden zu ermöglichen.

„Man erwartet ja schließlich auch nicht, dass man sein eigenes Klopapier mit auf die Toilette bringt!“

Die Menstruation betrifft die Hälfte der Bevölkerung und trotzdem ist sie auch im Jahr 2022 Tabuthema. Im Schnitt kaufen menstruierende Personen pro Monat Periodenprodukte für circa fünf Euro. Im Jahr sind das dann grob 60 Euro. Besonders für einkommensschwache Mitglieder der Gesellschaft ist das ein hoher Preis. Bis 2019 galten Periodenprodukte wie Tampons, Binden und Menstruationstassen in Deutschland nichtmal als „Produkte des täglichen Gebrauchs“, die mit ermäßigten 7 statt 19 Prozent besteuert werden – im Gegensatz zu Lachskaviar, Schnittblumen und dekorativen Bildwerken. Seit 1. Januar 2020 wird nur noch 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Periodenprodukte erhoben werden. Die Differenz von zwölf Prozent sollte den Konsumentinnen zugutekommen. Zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung!

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Auch in der Stadt Düsseldorf setzt man sich fortschrittlich mit dem Thema auseinander und zieht nun Schottland nach. Beim Schulausschuss der Stadt wurde am Dienstag, 16. August, beschlossen, kostenlose Periodenprodukte über Spenderautomaten, Schränke in der Mädchen-Toilette oder über das Sekretariat auszugeben. Für Maxi Bethge vom Verein Periodensystem in Berlin ist die kostenlose Verfügbarkeit von Tampons und Binden ein überfälliger Schritt: „Man erwartet ja schließlich auch nicht, dass man sein eigenes Klopapier mit auf die Toilette bringt“, sagte sie dem WDR auf Nachfrage.

Was ist Periodenarmut?

Dazu kommt, dass viele Mädchen und Frauen sich Tampons und Binden nicht leisten können. Stichwort: Periodenarmut. Weltweit gibt es 1,8 Milliarden menstruierende Frauen, von denen ca. 1,2 Milliarden gar nicht oder nicht ausreichend mit Monatshygiene-Produkten versorgt sind. In Uganda kostet ein Paket Binden im Schnitt zwei US-Dollar. Das ist mehr, als ein Drittel der Menschen dort am Tag verdient. In Südostasien müssen Frauen für 8 Binden etwa 1 US-Dollar zahlen, obwohl fast die Hälfte der Menschen dort weniger als 1,90 US-Dollar am Tag zur Verfügung hat. In der Not behelfen sich viele Frauen mit alten Lappen, Blättern, Zeitungen oder anderen Notlösungen, die auch ein erhöhtes Infektionsrisiko bergen.

Was das uns in Deutschland angeht? Haben Sie schon einmal gefragt, wie obdachlose Frauen an kostenlose Menstruationsprodukte kommen? Oder einkommensschwache Familien, die jeden Cent umdrehen müssen? Eben – eine Problematik, die uns alle angeht!

Menstruation muss endlich vollständig enttabuisiert werden

Fast jede vierte Frau in Deutschland hat finanzielle Mühe, sich mit Hygieneprodukten während ihrer Periode zu versorgen. Das ist nur eines der Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Kinderrechtsorganisation Plan International Deutschland mit Sitz in Hamburg. Menstruationsartikel sind genauso wichtig für das alltägliche Leben wie Klopapier. Deshalb sollten Tampons nicht in Handtaschen versteckt und wie Tütchen Marihuana heimlich weitergereicht werden. Sie sollten offen auf Toiletten bereitgestellt werden. Das vermittelt den Menschen: Hier findet weibliche Hygiene statt und das ist ganz normal.

Deshalb muss der Zugang zu Menstruationsartikeln einfacher werden – und kostenlos! Zeit wäre es allemal. Öffentliche Toiletten sollten dringend ausgestattet werden und Arbeitgeber vermehrt darauf achten. Zudem gehört im Privat-Haushalt neben einem Kosmetikeimer auch direkt ersichtliche Periodenprodukte dazu. Und ja, das gilt auch in einem reinen Männerhaushalt, denn auch diese haben Schwestern, Mütter und Freundinnen.

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Quellen

– mit Material der dpa
Was kostet die Menstruation?, Spiegel Gesundheit
Erst Schottland, dann Düsseldorf: Kostenlose Tampons und Binden an Schulen, Wdr
Periodenarmut, Tabus und fehlendes Wissen: Menstruation in Deutschland, Plan International

Themen: #flaconi
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