
20. Juni 2025, 15:37 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Verhütung und Alter – zwei Themen, die eng miteinander verwoben sind, aber selten mit derselben Leichtigkeit besprochen werden. Dabei ist es wie mit Mode: Was mit 20 passt, zwickt mit 40 vielleicht – und mit 50 ist plötzlich Komfort Trumpf. Wir haben mit Dr. Heidi Gößlinghoff gesprochen, die verrät, welches Verhütungsmittel sich für welches Alter eignet. Kleiner Spoiler: Die Antwort ist nicht immer ein klares „Das da!“, sondern oft ein „Kommt drauf an …“
Zwischen hormonfreiem Trend, Pille, Migräneproblemen, Thromboseängsten und schlichter Verplantheit scheint es heute komplizierter denn je zu sein, das passende Verhütung zu finden – vor allem, wenn man auch noch sein Alter einbezieht. Unser Körper verändert sich mit den Jahren, und was mit Anfang 20 wunderbar funktioniert, kann mit Mitte 40 plötzlich problematisch oder sogar riskant werden. Wir haben Dr. Heidi Gößlinghoff – Reproduktionsmedizinerin, Frauenärztin und selbst Mutter – gefragt: Welches Verhütungsmittel eignet sich für welches Alter?
Übersicht
- Teenager bis Anfang 20: „Die Pille ist einfach unkompliziert“
- Mitte 20 bis Ende 30: Alles ist möglich – aber mit Köpfchen
- Ab 35: Hormone? Jein!
- Ab 40: Zeit für neue Optionen
- Ab Mitte 50: Bitte ohne Östrogene
- Was tun bei Kinderwunsch in Sichtweite?
- Gesundheit, Lebensstil & Co. – das sollte mitentschieden werden
- Verhütung ist (auch) eine Typsache
Teenager bis Anfang 20: „Die Pille ist einfach unkompliziert“
Wer jung ist, denkt oft nicht an Thrombose – sondern an Freiheit, Sicherheit und vielleicht auch an schöne Haut. Und genau da kommt die Pille ins Spiel. „Die Pille ist unkompliziert“, so Dr. Gößlinghoff. „Gerade bei jungen Frauen mit Akne, fettiger Haut oder unregelmäßiger Periode hat sie oft auch kosmetische Vorteile.“ Auch bei schmerzhaften Regelblutungen sei sie ein Segen.
Und: Die Verhütung mit der Pille ist in der Regel sicher – ein Aspekt, der auch Müttern ein beruhigtes Herz beschert. „Mir wäre es lieber, meine Tochter nimmt ein sicheres Verhütungsmittel, als dass sie ungewollt schwanger wird“, sagt die Ärztin offen. Aber Achtung: Die Pille ist kein Smartie – wer raucht oder familiär vorbelastet ist, sollte sich gut beraten lassen.
Mitte 20 bis Ende 30: Alles ist möglich – aber mit Köpfchen
In diesem Alter ist alles erlaubt – solange Sie wissen, worauf Sie sich einlassen. Die Pille ist hier oft noch ein Klassiker, aber nicht mehr für jede. „Mit steigendem Alter wird es komplizierter mit östrogenhaltigen Mitteln, vor allem wenn weitere Risikofaktoren wie Rauchen oder Übergewicht hinzukommen“, so Dr. Gößlinghoff.
Wer hormonfrei verhüten will, findet in der Kupferspirale, dem Diaphragma oder Kondomen eine gute Alternative – mit dem kleinen Haken: Sie müssen konsequent sein. „Wenn man den Eisprung verpasst, kann es kritisch werden“, warnt die Ärztin. „Dann ist man im wahrsten Sinne des Wortes nicht ganz auf der sicheren Seite.“
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Ab 35: Hormone? Jein!
Ab Mitte 30 gilt: Wer raucht, sollte sich von östrogenhaltigen Pillen verabschieden. „Früher stand in den Lehrbüchern: Keine Pille mehr für Frauen über 35, die rauchen“, erzählt Dr. Gößlinghoff – und ergänzt: „Mit 35 ist man aber ja nicht jenseits von Gut und Böse.“
Viele Frauen steigen in dieser Lebensphase auf Gestagenpräparate um. Die Mini-Pille hat heute übrigens nichts mehr mit minutiösem Weckerklingeln zu tun. „Die gibt es mittlerweile auch mit einem Einnahmefenster von zwölf Stunden – also alltagstauglich!“ Wer hormonfrei bleiben möchte, ist mit Kupferspirale & Co. gut bedient – vorausgesetzt, man verträgt sie.
Ab 40: Zeit für neue Optionen
Je älter, desto schwieriger wird es mit der hormonellen Verhütung – vor allem, wenn Östrogene ins Spiel kommen. Die Risiken steigen, etwa für Thrombosen. Aber kein Grund zur Panik! „Gestagenhaltige Mittel wie die Hormonspirale oder ein Verhütungsstäbchen sind eine gute Alternative“, so Gößlinghoff. Der Nachteil: Die Periode bleibt häufig ganz aus – für manche Frauen irritierend.
Dafür gibt es Vorteile: „Wenn Frauen in der Pillenpause unter Migräne leiden, kann ein Gestagenpräparat durch die konstanten Hormonspiegel helfen – ohne diese hormonellen Achterbahnfahrten.“
Ab Mitte 50: Bitte ohne Östrogene
„Ich hatte tatsächlich eine Patientin, die mit Mitte 50 noch eine östrogenhaltige Pille genommen hat“, erzählt Dr. Gößlinghoff. „Da habe ich gesagt: Wenn Ihr Hausarzt das okay findet, gut – ich kläre Sie aber über das Thromboserisiko auf.“
Spätestens in diesem Alter sollte man auf Alternativen setzen – etwa auf Gestagenpräparate oder mechanische Methoden wie die Kupferspirale, Diaphragma oder Portiokappe.
Was tun bei Kinderwunsch in Sichtweite?
Wenn gerade die Hochzeitsreise oder der langersehnte Bali-Trip ansteht, aber ein Baby noch warten soll, empfiehlt Dr. Gößlinghoff kurzfristige Methoden. „Dann lieber hormonfrei – Kondome, Diaphragma – Hauptsache, der Zyklus wird nicht durcheinandergebracht.“
Gesundheit, Lebensstil & Co. – das sollte mitentschieden werden
Wer raucht, stark übergewichtig ist oder unter Erkrankungen wie Endometriose leidet, sollte besonders sorgfältig mit seiner Ärztin über die passende Methode sprechen. „Bei Endometriose rate ich zu reinen Gestagenpräparaten – Östrogene würden die Herde nur füttern“, so Dr. Gößlinghoff.
Und wenn Sie dauerhaft blutverdünnende Medikamente nehmen, könnte es sinnvoll sein, mit einer hormonellen Methode ohne Monatsblutung zu arbeiten.

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Verhütung ist (auch) eine Typsache
Ob hormonell oder mechanisch, kurzzeitig oder dauerhaft, mit oder ohne Periode: Die Auswahl ist riesig – und abhängig vom Alter, vom Lebensstil und von der eigenen Komfortzone.
Oder wie Dr. Gößlinghoff es zusammenfasst: „Es gibt kein Standardmodell. Es ist wie bei Schuhen – was drückt, wird nicht getragen.“ Und ja: Das Thema Verhütung nach Alter mag komplex sein – aber mit ein bisschen Information und ehrlicher Beratung ist die passende Lösung meist näher, als Sie denken.