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„Zehn-Sekunden-Urteil“ in Italien

66-Jähriger begrapscht 17-Jährige – und wird freigesprochen

Hand an Jeans-Hintern
Ein 66-Jähriger belästigt eine 17-Jährige sexuell – das italienische Gericht spricht ihn dennoch frei Foto: Getty Images
Carmen Dörfler
Redakteurin STYLEBOOK

13.07.2023, 18:05 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

In Rom grapscht ein 66-jähriger Hausmeister einer 17-jährigen Schülerin an den Hintern. Er gibt den Vorfall zu – ein klarer Fall von sexueller Belästigung. Sollte man meinen. Denn das zuständige Gericht in Italien spricht den Mann frei. Im Netz wird daraufhin große Kritik laut.

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Ein 17-jähriges Mädchen läuft in der Schule mit ihrer Freundin die Treppen hoch. Auf einmal hat sie das Gefühl, ihre Hose rutsche nach unten, anschließend spürt sie fremde Hände am Gesäß, unter ihrer Hose. Als sie sich umdreht, erkennt sie, wem diese Hände gehören: dem 66-jährigen Hausmeister der Schule. Sie zeigt ihn an, der Fall landet vor Gericht. Der Täter gesteht und wird dennoch freigesprochen.

Hausmeister steckt Hände in die Hose des Mädchens und zieht sie am Slip

Was wie ein schlechter Scherz klingt, ist genauso in Italien passiert. Die minderjährige Schülerin des „Cine-TV Roberto Rosselini“-Instituts berichtete von dem Vorfall vom 12. April 2022, dass der Hausmeister „ein paar Sekunden lang“ die Hände an ihrem Gesäß gehabt habe, wie die italienische Zeitung „Corriere Della Sera“ weiß. Vor Gericht beschreibt die Schülerin die Situation. Auf dem Weg zum Unterricht steigt sie mit einer Freundin die Treppen hoch. In dem Moment, in dem sie die rutschende Hose bemerkt, hört sie, wie jemand seine Hände in ihre Hose und unter ihre Unterhose steckt. Diese Hände berühren ihr Gesäß, packen dann das Höschen und ziehen das Mädchen in die Luft. Als sich die Schülerin umdreht, sieht sie den Hausmeister.

Vor Gericht gibt der 66-Jährige die Berührung zu. Beim weiteren Verlauf herrscht Uneinigkeit. Während der Täter behauptet, anschließend einfach weggegangen zu sein, sagt die Schülerin aus, er habe die Mädchen verfolgt und gesagt: „Amo, du weißt, dass ich Witze gemacht habe.“ Die Richter glauben der Aussage der 17-Jährigen.

Zehn-Sekunden-Urteil – Gericht bewertet Dauer des Grapschens

Statt der von der Staatsanwaltschaft geforderten drei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe entgeht der Täter jedoch jeglicher Strafe. Die Gründe dafür sind abenteuerlich. Für das Gericht ist die Dauer und Intention des Mannes ausschlaggebend. So habe die Aktion weniger als zehn Sekunden gedauert und sei ohne Hintergedanken gewesen. Die Richter taten den Vorfall als „ungeschicktes, aber lustloses“ Manöver ab.

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#10secondi: So reagiert das Netz auf das Urteil

Ein Scherz sei es laut dem Hausmeister gewesen. Für die 17-Jährige war es kein Scherz, wie sie der italienischen Zeitung gegenüber sagte. Auch das Netz ist schockiert. Der italienische Schauspieler Paolo Camilli, bekannt aus der Serie „The White Lotus“, postete auf seinem Instagram-Kanal ein Video, an dem er sich zehn Sekunden lang die Brust knetet. Anschließend fragt er entsetzt, wer denn in solch einer Situation die Sekunden zähle, „Dobby, der Elf mit der Stoppuhr?!“ Weit über 30.000 Likes hat das Video auf TikTok.

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Seinem Beispiel sind Tausende gefolgt. Über 1200 Posts bei Instagram gibt es nach nur wenigen Tagen bereits mit den Hashtags #palpatabreve (kurzes Betatschen) und #10secondi, zehn Sekunden. Bei TikTok hat der Hashtag rund 67 Millionen Aufrufe (Stand: 13. Juli 2023). Immer mehr Menschen posten Videos, wie sie sich selbst an die Brust oder in den Intimbereich fassen, während dazu auf einer Stoppuhr zehn Sekunden ablaufen. Andere Posts zeigen unter anderem, wie ein Mann einer Frau an den Hintern fasst. Während sie sich beschwert, entgegnet er nur, es seien doch nur neun Sekunden gewesen und damit sei es kein Verbrechen. Ob die mediale Aufmerksamkeit am Urteil etwas ändern wird, wird sich zeigen. STYLEBOOK hält Sie auf dem Laufenden.

Das hält unsere Redakteurin vom Zehn-Sekunden-Urteil

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„Unfassbar. Das war mein erster Gedanke, als ich von dieser Geschichte erfahren habe. Ein Armutszeugnis für die italienische Rechtsprechung (nicht das erste, wie eine kurze Recherche ergeben hat) und ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Schülerin. Nicht nur, dass das Mädchen minderjährig ist, auch dass ihr so etwas an der eigenen Schule passiert. Einem Ort, an den sie weiterhin beinahe täglich gehen muss. Ohne bekannte Konsequenzen für den Hausmeister, dem sie dort sicherlich weiter über den Weg laufen wird. Wirklich wütend machen mich jedoch zwei Dinge: Zum einen der Spruch, den der 66-Jährige nach der Tat gesagt haben soll: „Amo, du weißt, dass ich Witze gemacht habe.“ Amo, ein Kosewort für Schatz, Liebling, Liebes, eine Bezeichnung unter Freunden oder Liebenden. Ein Witz. Einen Scherz, nichts dabei gedacht, haha. Keinerlei Reue, keinerlei Verständnis für die Auswirkungen seiner Tat auf die Betroffene, stattdessen belächelt er die Situation. Wähnt sich über dem Mädchen. Und bekommt das auch noch juristisch bestätigt. Zum anderen ein Gericht, das der Meinung ist, ungewünschte Berührungen unter zehn Sekunden seien keine Straftat. Das Mädchen muss sich bei Urteilsverkündung vorgekommen sein, als sei sie im falschen Film. So gut wie jede von uns hat so eine Situation leider schon erlebt: Jemand steht zu dicht hinter Ihnen oder fasst Sie ungefragt und ungewollt an. Dabei reicht bereits ein Streifen, um das Gefühl von Ekel zu haben. Und das soll frau zehn Sekunden aushalten müssen? Zehn Sekunden mit einer fremden, unerwünschten Hand an Brust, Hintern oder im Intimbereich? Schon eine Sekunde ist eine zu viel.“Carmen Dörfler, STYLEBOOK-Redakteurin

Quellen

Themen Female Empowerment
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