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Laut Recherche

Greenwashing-Vorwürfe! Täuscht Zalando Kunden bei Retoure? 

Von wegen Nachhaltigkeit! Zalando soll mit seinen Retouren Greenwashing betreiben.
Von wegen Nachhaltigkeit! Zalando soll mit seinen Retouren Greenwashing betreiben. Foto: Getty Images
Rebecca Stringa
Redaktionsleitung bei STYLEBOOK

01.03.2023, 15:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Zalando, der größte Modehändler Europas, verspricht seinen Kundinnen und Kunden werbewirksam einen nachhaltigen Umgang mit Retouren. Doch scheinbar scheint es daran einen großen Haken zu geben: Das Unternehmen soll laut Recherchen des SWR in Zusammenarbeit mit der „Zeit“ und der Recherche-Plattform Flip Kundinnen und Kunden täuschen. Was genau dahintersteckt, fasst STYLEBOOK für Sie zusammen.

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Laut Recherchen des SWR-Investigativ-Formats „Vollbild“, der renommierten Wochenzeitung „Die Zeit“ und des Recherche-Startups „Flip“ verschickt der Modegigant Zalando seine Retouren auf langen Transportwegen kreuz und quer durch Europa. Für die Recherche wurden im September 2022 zehn Kleidungsstücke bei Zalando retourniert. Anschließend wurden deren Wege mithilfe von GPS- und Bluetooth-Trackern über Monate verfolgt. Mit erschreckendem Fazit: Die getrackten Kleidungsstücke legten zusammen mindestens 28.822 Kilometer zurück, oftmals durch ganz Europa.

Retoure bei Zalando legt 7.000 Kilometer zurück

Insgesamt zehn Kleidungsstücke retournierten die Reporter für die Recherche – eins davon hatte einen besonders langen Rückweg. Ein Babystrampler mit Start in Berlin reiste vom polnischen Gardno weiter nach Danzig, Swinemünde, Schweden, von dort über Dänemark zurück nach Deutschland, Polen und dann noch einmal nach Schweden. Nach drei Monaten hatte der Strampler bereits knapp 7.000 Kilometer zurückgelegt. Ob es noch zu mehr gekommen wäre, bleibt unklar, da der Akku des Trackers leer ging.

Die Ursache für solch scheinbar absurde Strecken sind laut Retouren-Experte der Universität Bamberg, Björn Asdecker, „Predictive Analytics“. „Jede Fahrt der Retouren beruhe auf der Vorhersage eines Algorithmus, wo das Kleidungsstück als Nächstes bestellt werden könnte. Die LKW kreisten dafür durch ganz Europa, um möglichst nah am nächsten Kunden zu sein. Ziel sei eine möglichst schnelle Lieferung. Die LKW dienen im Endeffekt als Lagerräume für Zalando“.

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So äußert sich Zalando zu den Greenwashing-Vorwürfen

Zalando wirbt mit Nachhaltigkeit und mit der Reduktion sowie Kompensation von CO₂-Emissionen. Als eigenes Ziel setzen sie sich laut eigener Website eine „nachhaltige Mode-Plattform mit einer netto-positiven Auswirkung auf Mensch und Erde“ zu werden. Auf Nachfrage der „Zeit“, warum die Retoure bei Zalando quer durch Europa reise, sagte das Modeunternehmen: „Die retournierten Artikel werden (…) für die nächste Bestellung nicht direkt aus den Retourenzentren verschickt, sondern zunächst innerhalb unseres Netzwerks wieder in eines der Logistikzentren gebracht – wohin genau entscheiden wir unter anderem danach, wie wahrscheinlich ein Wiederverkauf in der Region des entsprechenden Standortes bzw. Marktes ist. Das erklärt auch die von Ihnen beobachteten Transportwege der nachverfolgten Artikel.“

Recherche ergab: Retournierte Kleidung landet nicht im Wiederverkauf

Laut Recherche fällt neben den langen Retour-Wegen ein zusätzlicher Fakt negativ auf: Die Ware tauchte nicht mehr im Online-Shop auf, was nicht dem Versprechen, „97 Prozent dieser retournierten Modeartikel“ wieder über den Zalando Shop zu verkaufen, entspricht. Woran kann das liegen? „Auf Nachfrage räumt der Modehändler ein, dass die versprochenen 97 Prozent nicht für die Artikel gelten, die von Partnern auf der Plattform angeboten und von ihnen als Retouren auch direkt abgewickelt werden. Von den mehr als 1.600 Marken und Händlern, die Teil des Zalando-Partnerprogramms seien, wickle derzeit nur die Hälfte Retouren über Zalando ab – für die andere Hälfte, also rund 800, gelte das Versprechen nicht.“

Die Partner machen nach Zalando-Angaben knapp ein Drittel des Bruttowarenvolumens aus. Somit ist die GPS-Trackerrecherche kein bloßer Zufall. Tristan Jorde von der Verbraucherzentrale Hamburg empfindet es als Kundentäuschung: „Natürlich geht man dann davon aus, dass das Nachhaltigkeitsversprechen für alle dort bestellten Produkte gilt. Die Kunden werden von Zalando getäuscht“.

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Retouren von Zalando verlassen oft auch Europa

Aber werden die Retouren von Zalando dann wenigstens recycelt, wenn sie schon nicht beim Endkonsumenten landen? Die Reporterinnen würden dies verneinen, denn Retouren seien auch an Großhandelspartner weiterverkauft worden. Aufgrund von Auflagen von Unternehmen wie Zalando müssen Retouren den Kernmarkt in Europa verlassen und landen dann vor allem in Asien und Afrika. Ob diese dann weiterverkauft werden oder auf Mülldeponien landen, werde von Zalando nicht mehr kontrolliert. Konfrontiert mit den Recherche-Ergebnissen, räumte der Konzern ein, Retouren auch an Großhandelspartner weiterzuverkaufen. Den Abverkauf ihrer Ware an Großhandelspartner erwähnt Zalando jedoch auf der Homepage weiterhin nicht.

Quellen

Themen: Nachhaltigkeit
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