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Mit Memes gegen Alltagssexismus

Psychologin erklärt: »Was der Social-Media-Trend ‚Women in Male Fields‘ auslöst

Ein Social-Media-Trend, der zum Schmunzeln anregt: „Women in Male Fields“
Ein Social-Media-Trend, der zum Schmunzeln anregt: „Women in Male Fields“ Foto: Getty Images
Redaktionsleitung bei STYLEBOOK

28. November 2024, 18:28 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Auf Social Media sorgt derzeit ein Trend für Aufsehen, der vielen Frauen aus der Seele spricht: Unter dem Hashtag #womeninmalefields teilen sie Erfahrungen mit toxischem Verhalten in Beziehungen – und drehen den Spieß humorvoll um. Indem sie klassische Verhaltensweisen, die sie oft bei Männern beobachten, satirisch auf sich selbst übertragen, prangern sie gängige Doppelstandards an. Doch laut Psychologin gibt es einen Haken.

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Die „Women in Male Fields“-Videos folgen einem einfachen Muster: Unterlegt mit eingängigen Songs präsentieren Frauen Szenarien, in denen sie sich wie stereotype „toxische“ Männer verhalten. So schreibt eine Nutzerin etwa: „Er hat mir einen langen Text geschickt, in dem er erklärt, wie er sich fühlt. Ich habe nur mit ‚Keine Ahnung, was du hören willst‘ geantwortet.“ Ein anderes Video zeigt den Text: „Er weint im Bett, also drehe ich mich um und schlafe weiter.“

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Der Witz hinter diesen Clips liegt in der Umkehr der Rollen. Frauen imitieren Verhaltensweisen, die ihnen in Beziehungen häufig begegnen: Gleichgültigkeit, mangelnde Empathie oder Gaslighting. Die Kommentare unter diesen Videos zeigen, wie stark diese Erfahrungen verbreitet sind. „Haben wir alle denselben Mann gedatet?“, fragt eine Nutzerin. Eine andere schreibt: „Dieser Trend lässt mich realisieren, dass ich keine einzige einzigartige Erfahrung gemacht habe.“

„Women in Male Fields“ – ein Spiegel für gesellschaftliche Muster

Doch hinter dem humorvollen Ansatz steckt mehr als nur Unterhaltung. Viele Frauen fühlen sich durch den Trend verstanden und bestätigt. „Das zeigt uns, dass es nicht unsere Schuld ist“, erklärt eine Userin. „Es ist wie ein subtiler Guide zu Red Flags.“

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Gleichzeitig regt der Trend zum Nachdenken über die Dynamik in modernen Beziehungen an. Viele Verhaltensweisen, die in den Clips parodiert werden, sind Ausdruck tieferliegender Muster: fehlende Kommunikation, emotionale Unreife oder das Abwälzen von Verantwortung. Indem die Videos diese Verhaltensweisen ins Lächerliche ziehen, entlarven sie deren Absurdität.

Auch interessant: Was sind „Beige Flags“ beim Dating? 

Männer ziehen nach mit #meninmalefields

Wie zu erwarten, gibt es mittlerweile auch eine männliche Version des Trends. Unter dem Hashtag #meninmalefields teilen Männer ihre eigenen Erfahrungen aus Beziehungen. Während einige Beiträge ironisch sind, beleuchten andere ernsthaft problematische Verhaltensweisen, die sie bei Frauen erlebt haben. So schreibt ein Nutzer: „Sie fragt mich, wo ich essen möchte. Ich sage ‚Keine Ahnung‘. Sie schlägt verschiedene Orte vor, und ich sage zu jedem ‚Nein‘.“

Auch hier zeigt sich, dass toxische Verhaltensmuster nicht nur einseitig sind. Beide Trends regen zu einer Reflexion über Beziehungsdynamiken an – und machen auf unterhaltsame Weise auf ernsthafte Probleme aufmerksam.

3 Gründe, warum der Trend mehr schadet als hilft – Einordnung von Psychologin Pia Kabitzsch

Doch laut der Psychologin und Dating-Expertin Pia Kabitzsch hat der „Women in Male Fields“-Trend auch Schattenseiten, die nicht zu unterschätzen sind.

1. Stereotype werden verstärkt statt aufgebrochen

„Ja, es kann für die Verarbeitung hilfreich sein, zu wissen, dass man mit solchen toxischen Erfahrungen nicht alleine ist“, betont Kabitzsch. „Aber der Trend verstärkt Stereotype, statt sie aufzubrechen. Plötzlich spielen Frauen den gefühlskalten Partner, während Männer die emotionalen und verletzlichen Typen sind.“ Obwohl der Perspektivwechsel einen „Plottwist“ darstellt, reproduziert er letztlich nur bestehende Klischees. „Alle Männer sind so, alle Frauen sind so. Aber guess what: Es gibt auch Männer, die den emotionaleren Part einnehmen, und Frauen, die sich eher unnahbarer verhalten“, erklärt die Psychologin.

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2. Individuelle Bindungserfahrungen bleiben unbeachtet

Ein weiterer wichtiger Punkt: Das individuelle Verhalten beim Dating wird durch viele Faktoren bestimmt, die der Trend außer Acht lässt. „Vergangene Bindungserfahrungen spielen oft eine entscheidende Rolle“, erläutert Kabitzsch. „Wer sich bereits in der frühesten Kindheit nicht auf seine Bezugsperson verlassen konnte, reagiert später oft auf zwei Arten: Entweder deaktiviert man seine Bindungswünsche, was zu Bindungsangst und vermeidendem Verhalten führt, oder man entwickelt Verlustangst und zeigt ein eher ängstliches Verhalten in Beziehungen.“
Diese Dynamiken betreffen nicht nur Männer, sondern genauso Frauen. „Personen mit unsicherem Bindungsverhalten ziehen sich oft gegenseitig an. Eine Frau kann aufgrund ihrer Erfahrungen genauso die Rolle der ‚unnahbaren, coolen‘ Person einnehmen wie ein Mann – und umgekehrt.“

3. Ein unrealistisches Bild von Beziehungen

„Der Trend zeigt uns keine gesunden Beziehungen“, warnt Kabitzsch. „Ganz ehrlich, wenn ich diesem Trend Glauben schenken würde, hätte ich keine Lust mehr, einen Mann zu daten oder in einer Beziehung mit ihm zu sein.“ Der Trend vermittelt das Bild, dass Frauen ohne einen toxischen Mann besser dran seien. Doch anstatt zu zeigen, wie man trotz unsicherer Bindungserfahrungen echte Nähe aufbauen und eigene Ängste sowie Bedürfnisse kommunizieren kann, zeichnet er ein ungesundes Bild von Desinteresse, Macht und emotionaler Distanz. „Das ist definitiv nicht hilfreich!“, fasst die Psychologin zusammen.

Der Trend mag auf den ersten Blick unterhaltsam und befreiend wirken, doch ein tieferer Blick zeigt, dass er die Komplexität von Beziehungen und individuellen Erfahrungen übersieht – und am Ende mehr Schaden als Nutzen bringt.

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Fazit

Ob satirisch oder ernst gemeint: Der Erfolg dieses Social-Media-Trends zeigt, wie universell die Erfahrungen sind, die Frauen (und Männer) in Beziehungen machen. Indem sie Missstände humorvoll aufzeigen, schaffen sie ein Gefühl der Gemeinschaft und der gegenseitigen Unterstützung. Gleichzeitig regen sie zu wichtigen Gesprächen über Respekt, Kommunikation und gesunde Beziehungen an. Ein virales Phänomen, das mehr ist als nur Unterhaltung – und vielleicht einen kleinen Beitrag zu einer bewussteren Beziehungswelt leisten kann. Solange man bereit ist, an sich zu arbeiten.

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