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STYLEBOOK-Interview

Schauspielerin und Autorin Saralisa Volm: »Essstörungen sind ein systemisches Problem

Saralisa Volm mit locker hochgesteckten Haaren, grün-weißer Bluse und Ohrringen auf dem roten Teppich
Schauspielerin, Produzentin und Autorin Saralisa Volm hat ein Buch zum Umgang mit dem weiblichen Körper geschrieben Foto: Getty Images
Carmen Dörfler
Redakteurin STYLEBOOK

27.04.2023, 14:19 Uhr | Lesezeit: 15 Minuten

Autorin, Produzentin, Regisseurin, Kuratorin, Schauspielerin – Saralisa Volm ist ein echtes Multitalent. Nun hat die 37-Jährige ein neues Buch geschrieben: „Das ewige Ungenügend. Eine Bestandsaufnahme des weiblichen Körpers“. Darin spricht Volm über den gesellschaftlichen Druck, als Frau schlank und jung sein zu müssen und dessen Auswirkungen. Dabei erzählt sie mutig auch ihre eigene Geschichte, die nicht immer leicht zu verdauen ist und in der sich viele Frauen wiederfinden könnten. STYLEBOOK traf die Wahlberlinerin zum Interview.

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Triggerwarnung: In dem Artikel wird es auch um sexuelle Gewalt an Frauen gehen.


Ich treffe Saralisa Volm Montagmorgen in einem Café in Berlin-Kreuzberg – eigentlich davor, denn der Laden ist überraschend geschlossen. Saralisa Volm fällt schnell eine Ausweichmöglichkeit ein. Sie kennt sich hier aus, das Büro ihrer Produktionsfirma „Poison“ ist gleich um die Ecke, am Planufer. Wir schlendern nur wenige Meter weiter. In einer lila Samtschlaghose zur schwarzen Bluse mit weißen Punkten und schwarz-goldenen Muschelohrringen und einem goldenen MOM-Ring, auf dem man auch WOW lesen könnte, sitzt mir die 37-Jährige wenig später mit einem Ingwer-Orangen-Tee gegenüber. Wir sind hier, um über ihr neues Buch „Das ewige Ungenügend. Eine Bestandsaufnahme des weiblichen Körpers“ zu sprechen, an dem sie drei Jahre lang gearbeitet und viel Herzblut, schonungslose Ehrlichkeit und Authentizität hineingelegt hat. Volm schreibt darin über Essstörungen, Abtreibung, Vergewaltigung, was der ständige Druck mit uns macht und vor allem, was wir ihm entgegensetzen können.

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Saralisa Volm: »Für viele Frauen ist ihr Körper ein Gegner

STYLEBOOK: In deinem Buch plädierst du für „Body Neutrality“, den Körper einfach Körper sein lassen. Was wären die Vorteile davon?

Saralisa Volm: Ein Vorteil davon wäre, dass man sich nicht neuem Druck aussetzt von wegen: Ich muss in eine bestimmte Schablone passen. Stattdessen kann man auch einfach sagen, Ok, so ist es jetzt, so sehe ich jetzt aus, ich muss daran nicht verzweifeln. Das ist, wie so vieles in dem Buch, vor allem auch ein Plädoyer an mich selbst.

Du schreibst, „Der Körper ist einer der wenigen Schlachtplätze, auf denen es für Frauen einen fairen Gegner und einen Kampf mit Gewinnaussicht gibt“. Ist das ein fairer Kampf? Ist der Körper ein Gegner?

Der Körper ist auf jeden Fall in Augen vieler Frauen ein Gegner, also auch in meinen Augen ganz lange und wahrscheinlich auch heute noch ganz oft. Und es ist ein Gegner, gegen den wir gewinnen können. Im Sinne von Machtausübung. Ob das gut ist, sei mal dahingestellt – wir sind ja unser Körper. Aber es ist auf jeden Fall etwas, wo wir Kontrolle haben.

Ich glaube, dass uns das befriedigt nach dem Motto „Wir wollen auch Kontrolle haben“ und wir sind eben als Frauen ganz oft nicht frei, nicht selbstbestimmt. Wir verdienen weniger, wir haben nicht die richtigen Positionen, wir machen mehr Care-Work. Im Großen und Ganzen sind wir oft fremdbestimmt und haben nicht die gleichen Freiheiten wie Männer und bei unseren Körpern können wir auch mal Kontrolle ausüben und sagen, hier regiere ich. Wenn in meinem Job, in meiner Beziehung jemand anders reagiert, wenn die Gesellschaft mir reinredet, wie ich meine Kinder zu erziehen habe – hier regiere ich. Ich stelle die Regeln auf und mein Körper hat sich daran zu halten.

Wie kommt es so weit?

Es ist ein schleichender Prozess, den wir alle verinnerlicht haben. Wir haben ständig Werbung, die uns sagt, sei es dir wert, tu dir was Gutes, du schaffst das. Da geht es gar nicht nur um Schönheitsprodukte. Das können auch Sport-Apps sein, wo es um Körperselbstoptimierung geht. Ich weiß nicht, wie viel Werbung auf Instagram ich schon bekommen habe, in der es darum geht, den inneren Schweinehund zu überwinden. Das ist auch ein Aufruf zum Kampf gegen dich selbst.

Manchmal mag das sinnvoll sein, wenn man Bewegung braucht. Aber oft ist es doch so, dass wir sowieso schon am Ende der Belastbarkeit sind und dann denken, ok, jetzt muss ich aber auch noch Sport machen oder lernen, mich selber zu mögen oder meine Haare färben, weil sonst – ja, was denn eigentlich? Das ist so etwas, das wir ständig lernen und vorgelebt bekommen. Das darf man nicht unterschätzen. Jede Großmutter, jede Mutter war schon auf Diät. Jede hat das Gefühl, ich müsste jetzt noch das und das tun, da geht es meistens auch ums Aussehen. Und das ist einfach in uns drin, wo wir das Gefühl haben, wenn ich gut genug aussehe, dann klappt auch der Rest.

Laut Volm kann Gefallsucht nur durch Gleichberechtigung enden

Meinst du, das ändert sich in den nächsten Generationen?

Hm. Ich glaube, was wirklich etwas ändern würde, wäre Gleichberechtigung. Es spricht nichts dagegen, schön sein zu wollen, sich Hyaluron spritzen zu lassen, sich die Haare zu färben oder Stilettos anzuziehen. Ich glaube nur, es muss eine Entscheidung sein, die wir treffen, weil wir sie treffen wollen. Deswegen ist meine Überzeugung, dass die größte Chance Gleichberechtigung ist.

Wie können wir an den Punkt der Gleichberechtigung kommen?

Frauen müssen in einer ökonomischen Unabhängigkeit leben und rauskommen aus ihrer Gefallsucht. Das Gefallen wollen und gefallen müssen ist eins unserer größten Probleme. Wie komme ich weiter in meinem Job, wie komme ich weiter in meiner Partnersuche? Ah ok, ich muss besonders attraktiv sein, gar nicht nur äußerlich, sondern insgesamt. Ich muss ein gut verkäufliches Gesamtprodukt sein, damit ich weiter komme in diesem Leben. Wenn ich aber unabhängig davon bin und mir nicht denke, ich muss an diesen Stellen jemand anderem gefallen, ich habe selbst genug Kraft und Selbstständigkeit, dann wird das immer weniger nötig. Ich glaube, wir können nicht nur an unseren Außenbildern herumdoktern, denn dann haben wir es nur mit Trends zu tun. Wir erleben ja gerade auch so einen krassen Wandel zurück zum ultradünnen Ideal. Jetzt war lange die Hoffnung auf Body Positivity, aber wenn man jetzt genauer hinsieht, war es doch nur ein Trend.

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Saralisa Volm: »Essstörungen sind ein systemisches Problem!

Der Aufschrei der Öffentlichkeit war groß, nachdem der „Heroin Chic“ wieder Trend sein soll. Die Angst, gerade junge Frauen könnten in eine Essstörung rutschen, ist groß. In deinem Buch liest man zu deinen Essstörungen, wie du dich in Plastiktüten übergeben hast. Warum beschreibst du die Situationen so anschaulich?

Ich hätte mir wahnsinnig gewünscht, das selbst zu lesen. Erst beim Schreiben des Buches habe ich in vielen Fällen gelernt, wie häufig das ist, was ich erlebt habe. Wenn man aber selbst über seinen Plastiktüten sitzt und kotzt, denkt man, „Ich bin so erbärmlich und ich bin die einzige Person auf der Welt, die so erbärmlich ist.“ Für mich war es ein unglaubliches Learning über die Jahre festzustellen, wie vielen anderen Leuten es so geht und in der Recherche fürs Buch festzustellen, wie viele Frauen von Essstörungen betroffen sind. Deswegen war es mir auch ganz wichtig, die Erfahrung in Zahlen einzubetten, damit man sieht, das sind keine Einzelfälle.

Wie kommt es dazu, dass so viele Frauen betroffen sind?

Wenn man sich die Zahlen anguckt, sieht man, wir haben eigentlich ein systemisches Problem. Wir lassen unfassbar viele junge Frauen mit einer Anorexie in eine tödliche Krankheit schlittern. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, uns zu überlegen, wie wir mit Alkoholismus, mit Magersucht, mit Burnout oder Depressionen umgehen. Das sind alles systemische Probleme. Deswegen hatte ich das Bedürfnis, darüber zu schreiben. Das Buch ist gedacht als Hand, die man demjenigen reicht, der es liest. Und vielleicht auch eine Hand, die ich meinem jüngeren Ich reiche und sage, es ist ok, es muss dir nicht peinlich sein und du bist damit nicht allein und du bist nicht schuld daran. Das ist ja das Schlimme daran, eigentlich gehts dir schlecht und eigentlich bist du krank, aber, anstatt dass du denkst, ‚Hallo, kann mir mal jemand helfen?‘, fühlst du dich schuldig und schlecht.

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Was Saralisa Volm beim Ausbruch aus dem Teufelskreis geholfen hat

Wann bist du aus der Bulimie herausgekommen?

Das ist wie bei einem Junkie auf Entzug. Ich glaube, da gehen auch die wenigsten nur einmal auf Entzug. Das erste Mal, dass mein Körper nicht mehr konnte und ich merkte, ich habe überhaupt keine Kontrolle mehr, da war ich 18,19. Dann wurde das besser, weil ich mich gekümmert hab. Aber dann gibt es immer wieder Phasen, in denen es dir schlechter geht, dann ist Kotzen das erste Mittel, das dir einfällt. Und dann war es immer on-off.

Als ich das erste Mal schwanger war, wurde es deutlich besser. Da hat es mir lustigerweise überhaupt nichts ausgemacht, wie mein Körper sich entwickelt hat. Ich habe 25 Kilo zugenommen, die haben mich nicht gestört. Das war gar kein intellektueller Prozess, ich habe mir nichts dabei gedacht. Ganz im Gegenteil: Ich bin dicker geworden und wusste noch gar nicht, dass ich schwanger bin. Das war irritierend, hat aber geholfen. Trotzdem gab es danach immer wieder bulimische Phasen. Im Endeffekt denke ich, ist es wie bei einem Alkoholiker. Wenn es dir nicht gut geht, wenn du gestresst bist. Mir schlägt Stress auf den Magen. Deshalb war das ein langer Kampf.

Was kann man tun, um aus dem Teufelskreis der Essstörungen auszubrechen?

Ich finde wichtig, zu thematisieren, dass Essstörungen etwas sind, was du, meinem Gefühl nach, nicht loswirst. Ich habe immer wieder die Auseinandersetzung damit, zu entscheiden, nein, das ist jetzt nicht die richtige Entscheidung. Therapie hat geholfen. Aber auch Bücher mit Essensplänen und Tipps, die mir Struktur geben, haben geholfen. Außerdem habe ich Taktiken gefunden. Das können Menschen sein, mit denen ich dann sprechen kann, aber auch eine Art von Essen, die mir hilft. Das ist allerdings ein jahrelanger Prozess.

Aber was am wichtigsten war, war, dass es irgendwann Menschen gab, die von meiner Essstörung wussten, die es verstanden haben, es mir nicht vorgeworfen haben und die trotzdem wollten, dass ich da rauskomme. Es gibt natürlich die, die es komplett ablehnen und dich dafür scheiße finden. Es gibt auch Leute, die finden das voll ok, haben das vielleicht selbst, wollen aber nicht, dass du da rauskommst. Dann hast du zwar Verbündete, die dich verstehen, aber das macht es nicht besser, sondern dann hängt man zusammen in dem Loch.

Man muss akzeptieren, dass Veränderung nicht über Nacht geschieht

Das ist der erste Schritt: Sich für sich klar werden, ok, das ist nicht cool und ich muss hier raus. Dann gehört auch eine große Portion Akzeptanz dazu. Akzeptieren, dass ich nicht von einem auf den anderen Tag eine komplett andere Person sein kann, die sich plötzlich immer richtig ernährt, die nie einen Fressflash hat und die nie wieder das Bedürfnis hat, zu kotzen. So ist es nicht. Und die hohen Ansprüche an sich selbst machen es nur schwerer, weil wenn du dann einmal scheiterst, hast du das Gefühl, du kannst eh schon aufgeben. Stattdessen kannst du aber jederzeit wieder anfangen, das ist komplett in Ordnung.

Was für ein Verhältnis würdest du dir für dich und deinen Körper wünschen?

Ein Entspanntes.

Glaubst du, du erreichst das im Laufe deines Lebens?

Ich werde 38, es wäre doof, jetzt schon aufzugeben.

Du hattest geschrieben, dass Frauen ab 40 im öffentlichen Kontext übersehen werden. Beim Lesen klang das, als fändest du das gut. Findest du das gut?

Nein, aber ich glaube, dass es auch eine Chance ist. Gut fände ich, wenn wir junge Frauen und besonders Mädchen weniger durchsexualisieren würden. Und gleichzeitig finde ich, dass wir Frauen ab 40 auch zugestehen sollten, dass sie auch Begierde empfinden, Lust haben, Sex haben wollen und vielleicht auch mal nur einen Flirt oder einen Orgasmus suchen und dass das genauso in Ordnung ist, wie wenn sie 20 wäre.

Volm: „Kann ich das noch anziehen? Warum nicht!“

Du hast vier Kinder. Hast du dein Buch auch im Hinblick auf sie geschrieben, dass sie es mal leichter haben?

Ich versuche immer, nicht darüber nachzudenken, dass irgendwann mal der Tag kommt, an dem meine Kinder alle Filme gucken und alle Bücher lesen, die ich so gemacht habe. Es wird passieren, aber ich hoffe, nicht so bald. Aber was dahinter liegt, ist die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, in der wir leben und mein Wunsch nach einer realistischen Einschätzung und Reflektion.

Auch mit mir. Denn auch als Mutter wünsche, ich mir reflektierter zu sein und solche Dinge zu sehen. Im Idealfall, ich weiß noch nicht, ob das gelingen wird, aber man wünscht sich ja, mit seinen Kindern in Kontakt zu bleiben und sie nicht zu verlieren, weil sie sich nicht gesehen fühlen oder sich nicht trauen, etwas anzusprechen. Das ist meine Hoffnung hinter meiner Arbeit. Dass meine Kinder sehen, ok, die hat’s auch echt nicht hingekriegt und sich über Umwege durchgeschlängelt. Dass sie sich verstanden fühlen, wenn mal was schiefgeht. Denn gerade, wenn Eltern immer versuchen stark zu bleiben, denken Kinder schnell, wie soll ich jetzt mit meinen Eltern darüber sprechen, bei denen läuft ja alles.

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Volm schreibt erstmals über Vergewaltigung

Im Buch schreibst du über Genitalverstümmelungen und über Vergewaltigungen, auch über deine. Damit zusammenhängende Sätze wie „Was hattest du an“ nur zu lesen, hat mich wahnsinnig wütend gemacht. Wie ging es dir beim Schreiben damit?

Für mich war das total hart zu schreiben. Da hatte ich das Glück, im Ausland in der Sonne gewesen zu sein. Früher habe ich nie verstanden, wieso Leute zum Schreiben wegfahren. Aber da dachte ich mir, das hätte ich zu Hause gar nicht schreiben können, weil das für mich so belastend war. Da hat es mir wirklich gutgetan, dass ich da keine Verpflichtungen hatte und mich nach dem Schreiben in die Sonne setzen konnte. Für mich war es hart, meine Geschichte zu begreifen, aber auch sich die Zahlen anzugucken und zu sehen, wie sehr Scham ein Mittel ist, um über Frauen zu herrschen und ihnen die Schuld zuzuweisen.

Auch beim Brustbügeln, wobei die Brüste der Töchter von ihren Müttern verstümmelt werden, die so internalisiert haben, dass Lust oder Begierde in ihren Töchtern unterdrückt werden muss, weil ihnen sonst Schaden zugefügt wird. Das ist schrecklich. Man kann das dennoch nicht verkürzen und sagen, das sind üble Frauen. Ich frage mich eher, durch was für eine Hölle musst du selbst gegangen sein, dass du deinem eigenen Kind, deiner Nichte etc. sowas antun kannst? Für mich selbst war es wichtig, das alles auch mit den Zahlen in Verbindung zu bringen. Dennoch war es ein sehr schmerzhafter Prozess.

War es das erste Mal, dass du dich mit deiner eigenen Vergewaltigung auseinandergesetzt hast?

Ja. Es gab schon Leute, die das wussten, aber wirklich nicht viele. Nach solchen Situationen kommt ja oft die Frage auf, warum man nicht zur Polizei gegangen ist. Ich habe jetzt über 20 Jahre gebraucht, um überhaupt zu sagen, dass es eine Vergewaltigung war. Ich hätte das die meiste Zeit nicht einmal so bezeichnet. Demnach wäre ich auch nicht zur Polizei. Und wenn man bedenkt, wie das Rechtssystem funktioniert, wenn du noch gegen jemanden vorgehst, der gegebenenfalls auch noch bekannt ist. Dann musst du am Ende noch Strafe bezahlen, weil jemand anders Recht bekommen musste, weil es keine Zeugen gibt usw. Das Rechtssystem hilft uns da einfach überhaupt nicht. Deswegen verstehe ich jede und jeden, die und der nicht zur Polizei geht.

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Glück ist für Saralisa Volm Kartoffelpüree mit Käse

Saralisa Volm, was ist für dich Glück?

Nicht so wichtig. Ich finde, wir haben einen unfassbaren Druck, ständig glücklich zu sein und uns immer mit uns wohlzufühlen. Aber ich glaube, dass Glück ein ganz großes Geschenk ist, das man gar nicht so gut steuern kann. Man kann natürlich Rahmenbedingungen schaffen und oft ist Glück ja auch nur ein kurzer Moment. Aber wir sollten mehr lernen, dass Leben auch wehtut. Und dass vieles eben dazugehört. Behinderungen, krank werden, alt werden, sterben, Verlust sind relevante Teile unseres Lebens und sicherlich nicht die glücklichsten, aber die, von denen wir ganz viel lernen.

So wichtig Glück auch ist, ich wünsche mir etwas mehr Frustrationstoleranz. Auch in der Kunst oder im Schreiben. Dass uns Dinge zur Verzweiflung bringen oder uns verstören, deswegen wäre es schön, wir würden uns von diesem Glücks- und Zufriedenheitsdrang befreien und uns überlegen, was ist mir denn wichtig? Womit will ich mich denn beschäftigen? Mit wem und welchen Themen möchte ich meine Zeit verbringen? Wenn man zurückblickt auf sein Leben, Dreharbeiten, Reisen.. Das woran man sich erinnert, sind oft die Situationen, die schiefgegangen sind und die man gemeinsam überwunden hat. Ich glaube, Leben ist so viel variantenreicher und so viel mehr als ein Glücksgefühl.

Trotzdem kann ich ganz schnell drei Sachen sagen, die mich richtig glücklich machen. Das erste ist, wenn ich einen richtigen Familienmoment habe. Wenn ich mit meinen Kindern bin und niemandem erklären muss, es muss ein Zimmer aufgeräumt werden, sondern wir ganz präsent sind. Da fühle ich, dass ich glücklich bin und echt Glück gehabt habe, denn das gehört ja auch dazu. Dann bin ich glücklich, wenn ich drehe und Dinge aufgehen. 100 Leute arbeiten auf diesen einen Moment hin und dann klappt das und jeder spürt das. Und gutes Essen, vor allem Kartoffelpüree mit Käse, das macht mich auch sehr glücklich. Dann noch ein gutes Buch. Daraus könnte mein Leben bestehen. Und trotzdem glaube ich, wenn nur das mein Leben wäre, wäre ich nicht mehr glücklich, denn wie sollte ich dann wissen, dass diese Dinge so besonders sind?

Themen: Interview
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