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Erhebung zur Gender-Gap

Frauen in Deutschland leisten rund 44 Prozent unbezahlte Arbeit mehr als Männer 

Sie haben das Gefühl, dass Sie viel mehr im Haushalt machen, als ihr Partner? Eine neue Studie belegt dies!
Sie haben das Gefühl, dass Sie viel mehr im Haushalt machen, als ihr Partner? Eine neue Studie belegt dies! Foto: Getty Images
Rebecca Stringa
Redaktionsleitung bei STYLEBOOK

29.02.2024, 17:38 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Der Equal-Care-Day am 29. Februar soll auf die Ungleichheiten zwischen Frau und Mann in der Care-Arbeit aufmerksam machen. Doch trotz zunehmender Sensibilisierung zeigen Umfragen, dass viele Männer ihren Anteil an Care-Arbeit überschätzen. Wie es wirklich in deutschen Haushalten aussieht und was frau aktiv gegen die Gender-Gaps machen kann, lesen Sie bei STYLEBOOK.

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Eine kürzlich veröffentlichte Erhebung des Statistischen Bundesamts hat aufgedeckt, dass Frauen in Deutschland im Jahr 2022 im Durchschnitt etwa 9 Stunden pro Woche mehr unbezahlte Care-Arbeit verrichtet haben als Männer. Dies spiegelt sich im sogenannten Gender Care Gap von 43,8 Prozent wider.

Frauen sind im Haushalt deutlich aktiver als Männer

Die Analyse basiert auf Daten von rund 10.000 deutschen Haushalten mit 20.000 Personen über einen Zeitraum von einem Jahr. Es ist die vierte Erhebung seit den 1990er-Jahren im Abstand von jeweils zehn Jahren, die sich auf die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit konzentriert.

Die Daten zeigen, dass Frauen über die Hälfte ihrer unbezahlten Arbeit in klassische Haushaltstätigkeiten wie Kochen, Putzen und Wäsche waschen investieren, wobei sie im Durchschnitt mehr als 13 Stunden pro Woche dafür aufwenden. Im Vergleich dazu verbringen Männer nur knapp sechseinhalb Stunden mit diesen Tätigkeiten. Auch bei der Betreuung von Kindern und erwachsenen Familienmitgliedern ist der Zeitaufwand bei Frauen fast doppelt so hoch wie bei Männern, während Frauen fast fünf Stunden mit Einkaufen und Haushaltsorganisation verbringen, Männer jedoch eine Stunde weniger. Trotzdem zeigen die Daten, dass Männer in den Bereichen handwerkliche Tätigkeiten, ehrenamtliche Arbeit und Unterstützung anderer Haushalte vorne liegen.

Die Präsidentin des Statistischen Bundesamts, Frau Brand, betonte, dass die Lücke zwischen Frauen und Männern in Bezug auf unbezahlte Arbeit im Vergleich zur letzten Erhebung vor zehn Jahren kleiner geworden, aber immer noch erheblich sei.

Separate Studien belegt Zahlen

Eine separate Studie, die der „Berliner Morgenpost“ vorliegt, ergab ebenfalls, dass Frauen im Durchschnitt 39,1 Stunden pro Woche unbezahlte Haushaltsarbeit leisten, während Männer durchschnittlich 25,2 Stunden investieren. Dies unterstreicht die Ungleichheit in der Care-Arbeit, die nicht nur Auswirkungen auf die beruflichen Chancen und die finanzielle Absicherung hat, sondern auch eine erhebliche psychische Belastung darstellt.

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass die Gender Care Gap mit dem Alter nachlässt, im Gegensatz zum Gender Pay Gap, was darauf hindeutet, dass die Kinderbetreuung einen großen Einfluss auf die Unterschiede in der Care-Arbeit hat. Insgesamt wurden im Jahr 2021 117 Milliarden unbezahlte Care-Arbeitsstunden geleistet, wovon der größte Teil auf Frauen fällt. Wenn man diese Arbeit entlohnen würde, entspräche dies einem erheblichen Anteil des Bruttoinlandsprodukts.

Es ist offensichtlich, dass Care-Arbeit in unserer Gesellschaft nach wie vor unzureichend anerkannt und belohnt wird. Damit es zumindest nicht zu einer Altersarmut kommt, sollte rechtzeitig zumindest die Gender Pay Gap verringert werden.

5 Schritte, um dem Gender Pay Gap zu entkommen

Um dem Teufelskreis aus Lohn- und Rentenlücke zu entrinnen, kann jeder selber aktiv werden – mit folgenden fünf Schritten:

1. Care-Arbeit teilen

Arbeitsteilung heißt das Zauberwort. Wenn Haushalts-, Erziehungs- und Pflegearbeit gleichberechtigt zwischen Partnern aufgeteilt werden, können beide im gleichen Maße ihrer Erwerbsarbeit nachgehen. Auf diese Weise zahlen Frauen nicht nur mehr in die Rentenkasse ein, sondern können auch ihre Karriere vorantreiben. Davon profitiert letztlich nicht nur die einzelne Frau, sondern die Gesellschaft im Großen und die Paarbeziehung im Kleinen. Eine Aufteilung der Care-Arbeit ist nicht nur fair, sondern auch pragmatisch. Eine Familie, die finanziell auf zwei Beinen steht, ist im Ernstfall viel besser abgesichert. Schon bevor man eine Familie gründet, sollte man also mit Partner oder Partnerin darüber sprechen, wie Haushalt und Kindererziehung aufgeteilt werden. Wer mehr Care-Arbeit leistet, sollte mit dem Partner oder der Partnerin eine Ausgleichszahlung vereinbaren, zum Beispiel der Abschluss einer Rentenversicherung oder das monatliche Besparen eines ETF-Sparplans (siehe unten).

2. Gehalt verhandeln

Frauen tun sich oft schwer damit, ihr Gehalt zu verhandeln. Egal, ob es um das Einstiegsgehalt im ersten Job, um eine Gehaltserhöhung im bestehenden Arbeitsverhältnis oder das Verhandeln des Honorars oder Tagessatzes als Selbstständige geht. Oft fehlt das Selbstvertrauen bei der Verhandlung oder schlichtweg die Kenntnis darüber, wie viel man eigentlich verdienen sollte. Frauen geben sich darum immer wieder mit deutlich niedrigeren Einstiegsgehältern als Männer zufrieden und fordern im Job seltener Gehaltsgespräche ein. Gleichzeitig nehmen sie oft bereitwillig immer neue Aufgaben an, gelten als „Fleißbienchen“ und werden dann noch nicht einmal befördert. Das wirkt sich massiv auf die Erwerbsbiografie aus: je höher die Position im Job, desto mehr Gehalt und desto geringer der Frauenanteil.

Deswegen: Verhandeln Sie mutig, suchen Sie sich Unterstützung und Beratung. Fragen Sie andere Frauen – Kolleginnen und Freundinnen – was sie verdienen. Und noch wichtiger: fragen Sie Männer, am besten diejenigen, die in einer ähnlichen Position arbeiten. Nur so werden Sie ein gutes Gefühl dafür bekommen, was ein faires Gehalt ist und was nicht.

3. Humankapital steigern

Einer der größten Hebel, um finanziell unabhängig zu werden, ist das eigene Humankapital. Sich beruflich und persönlich weiterzuentwickeln, gehört darum zu den wichtigsten Investments überhaupt. Schließlich lässt sich so unabhängig von externen Gegebenheiten mehr Einkommen erzielen. Je umfangreicher Ihre Kompetenzen sind, umso interessanter sind Sie für Arbeitgeber und Auftraggeber und umso mehr Geld kann man auch für Leistung verlangen. Außerdem ist unser Humankapital untrennbar mit uns verbunden. Selbst wenn wir alles verlieren, können wir auf unser Wissen und unsere Fertigkeiten zurückgreifen und im schlimmsten Fall auch wieder etwas Neues aufbauen. Also keine Scheu vor Neuem: Abendstudium, eine Weiterbildung, gute Webinare oder ein Coaching bringen beruflich voran. Und mit etwas Verhandlungsgeschick übernimmt der Arbeitgeber sogar die Kosten.

4. Herausforderungen annehmen

Frauen gelten als zögerlicher und trauen sich im Vergleich zu Männern oft weniger zu. Während Männer sich auch auf Positionen bewerben, deren Kriterien sie nicht mal zur Hälfte erfüllen, trauen sich Frauen den Job oft nur zu, wenn sie alle ausgeschriebenen Kriterien zu 100 Prozent mitbringen. Frauen bewerben sich sogar oft auf Positionen, für die sie von außen betrachtet völlig überqualifiziert sind. Darum: Mehr Mut! Bewerben Sie sich auf Stellen, deren Anforderungsprofil vielleicht auch nur zu 70 Prozent erfüllt wird. Die Komfortzone zu verlassen, zahlt sich aus – im wahrsten Sinne des Wortes.

5. Private Altersvorsorge

Last, but not least: Kümmern Sie sich um die Altersvorsorge! Die Rente fällt bei den meisten Menschen niedriger aus als das letzte Gehalt, sodass alternative bzw. zusätzliche Einkommensquellen diese sogenannte Rentenlücke ausgleichen sollten. Das geht durch private Vorsorge. Die lukrativste Möglichkeit ist, regelmäßig Geld zu sparen und es an der Börse zu investieren. Mit passiven Indexfonds (ETFs) lässt sich breit gestreut und transparent Vermögen aufbauen. Und zwar bereits mit kleinen Summen: ETF-Sparpläne können Sie bei vielen Banken bereits ab 25 Euro pro Monat abschließen. Je mehr Zeit vergeht, desto stärker wird bei dieser Anlageform der Zinseszinseffekt, also die Reinvestition bereits erhaltener Zinszahlungen, genutzt.

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Auch der Beauty Impact Report von STYLEBOOK belegt die Ergebnisse

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„Wann auch immer ich Ergebnisse solcher Erhebungen lese, regt sich in mir eine kleine, wütende Stimme. Über die Jahre ist diese Stimme immer lauter und wütender geworden. Wie kann es sein, dass wir so schleppend vorankommen mit der Gleichberechtigung? Wie kann es sein, dass Frauen immer noch so viel weniger verdienen und so viel mehr unbezahlte Arbeit leisten? Wie kann es sein, dass sich so viele Männer in ihren Paarbeziehungen verhalten, als wäre die Partnerin ihre Mutter? Und auch andersherum: Wie kann es sein, dass Männern von Arbeitgebern beispielsweise die Elternzeit versagt wird? Es sind viele Fragen, die mir die kleine Stimme dann entgegen schreit. Besonders laut wird diese Stimme, wenn wir die Ergebnisse unseres jährlichen Beauty Impact Reports bekommen. Im Jahr 2023 bekommt fast jede fünfte Frau in ihren 30ern Haushaltsgeld (allein das Wort lässt mich entnervt ausatmen) und genauso viele verheiratete Frauen haben kein eigenes Konto. Von der Altersvorsorge ganz zu schweigen. Trotzdem werden junge Frauen, so ihr Gefühl, nach wie vor in eine traditionelle Rollenverteilung gezwängt. Dabei wissen wir alle, dass Altersarmut besonders Frauen betrifft und doch wird nichts dagegen getan. Natürlich müssen wir auch alle selbst etwas dafür tun, doch im Endeffekt ist es ein strukturelles Problem, bei dem Frauen systematisch benachteiligt werden. Und das obwohl wir mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ausmachen. Und das im Jahr 2024. Sie hören, die wütende Stimme wird lauter. Ihnen geht es auch so? Lassen Sie sie uns sinnvoll nutzen!“Carmen Dörfler, STYLEBOOK-Redakteurin
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