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Nach bösartigen Kommentaren zu den Oscars 2024

„Es ist nicht okay, Aussehen und Gewicht anderer Frauen zu kommentieren!“ 

Die Oscars 2024: Statt sich über die glücklichen Gewinner zu freuen, verfassen einige User auf Instagram unschöne Kommentare!
Die Oscars 2024: Statt sich über die glücklichen Gewinner zu freuen, verfassen einige User auf Instagram unschöne Kommentare! Foto: Getty Images
Desireé Oostland
Autorin bei STYLEBOOK

13.03.2024, 14:46 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Nur kurz nach dem Weltfrauentag fand die Oscarverleihung statt. Die Kommentare zu den Äußerlichkeiten und Outfits der Prominenten zeigen jedoch eindeutig: Von Zusammenhalt unter Frauen scheinen wir noch weit entfernt. Warum, verrät Ihnen unsere Autorin Desireé Oostland.

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Vorab: Im Mittelpunkt der Oscars stehen in erster Linie Filme und Menschen, die hinter Filmen stecken oder sich vor den Kameras bewegen. Allerdings gebührt ein Teil der Veranstaltung auch den Looks der Prominenten. Schon Tage vorher wird öffentlich darüber spekuliert, welcher Celebrity welchen Designer präsentieren wird. Und Wochen vorher beginnen die Hollywoodstars mit ihren Vorbereitungen für das große Event, um sich bei den Oscars zumindest optisch von der besten Seite zu präsentieren: Facials und sorgfältige Auswahl an glamouröser Garderobe sind selbstverständlich. Eigentlich alles wunderbar. Wären da nicht die Kommentare. Denn während nur wenige Tage vor der Verleihung der Internationale Frauentag gefeiert wurde, zeigen die Kommentare nach den Oscars plötzlich eine ganz andere Haltung. Statt unterstützender Reden über Zusammenhalt und Empowerment wird es hässlich auf Social Media: Frauen beleidigen andere Frauen – aufgrund ihrer Optik.

Unschöne Kommentare über das Aussehen der Prominenten bei Oscars

Unter Aufnahmen von Schauspielerin Zendaya auf dem roten Teppich der Oscars kommentieren Userinnen ihr Gewicht sehr kritisch. Sie sei viel zu dünn, viel zu abgemagert, heißt es. „Ist es wieder im Trend, magersüchtig zu sein?“, fragt eine Userin. Das Gewicht zu kommentieren sollte schon längst kein Thema mehr sein – ist es aber. Dabei bringen derartige Kommentare weder Empfänger noch Sender etwas. Sie senden nur folgende gravierend falsche Signale: Es ist okay, das Aussehen und das Gewicht anderer Frauen zu kommentieren. Und das kann ziemlich gefährlich sein.

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Auch teilweise vermeintliche „Eingriffe“ werden kommentiert. Jugendliches Aussehen ist ebenfalls gerngesehen auf dem roten Teppich. Dafür lassen sich viele Prominente aufhübschen: Botox, Facials, Filler, alles, was eben aufpolstert und strahlen lässt. Dass dies aber ein Mittel ist, zu dem viele Menschen gern greifen, ist nun wirklich seit Jahrzehnten kein Geheimnis mehr. Trotzdem kommentieren aufgeregte Userinnen Bilder von Schauspielerin Jennifer Lawrence: „Ist unter ihrem Botox noch etwas Gesicht?“, fragt eine junge Frau auf Instagram entschieden sarkastisch.

Kommentare zu den Oscars – wenn Frauen über Frauen herziehen

Apropos Frau: In diesem Fall sind es größtenteils Frauen, die andere Frauen öffentlich aufgrund ihrer Optik kritisieren und beleidigende Kommentare verfassen. Von dem sonst so beworbenen „Girls support Girls“ ist dann plötzlich nichts mehr übrig. Wurde Jennifer Lawrence unter den Bildern der offiziellen Veranstaltung noch in den Kommentaren aufgrund ihres glatten Gesichtes kritisiert, bieten ihre Fotos von der Aftershow-Party anscheinend eine andere Basis für unschöne Kommentare: „Sie sieht schwanger aus“, schreibt: eine Frau.

Sollten junge Mädchen solche Kommentare lesen, während sie auf dem Bild eine sportliche schlanke Frau posieren sehen, die von anderen Frauen einen kugelrunden Bauch zugeschrieben bekommen, dann kann das zwei gravierend böse Dinge bewirken! Entweder verstärken diese Kommentare die Unsicherheit mit dem eigenen Körper und erzeugen Gedanken wie: „Bin ich dann auch zu dick?“ (Hallo Essstörung), denn der Einfluss von außen hat einen erheblichen Einfluss auf das Selbstbewusstsein und die Selbstwahrnehmung junger Frauen. Oder solche Kommentare sorgen dafür, dass Grenzen langsam aber sehr schmerzhaft verschwinden. Junge Mädchen denken plötzlich, es sei in Ordnung, öffentlich über das Aussehen anderer Frauen zu urteilen – auf diese unschöne und äußerst unsensible Art.

Auch Margot Robbie bekam zahlreiche böse Kommentare zu ihrem Auftritt bei den Oscars, wie zu ihren Haaren: „Sie braucht dringend einen Friseur“, heißt es unter ihrem Foto, oder auch: „Unvorteilhafter konnte sie sich nicht kleiden“, so ein anderer Kommentar. Das alles unter dem Foto einer perfekt gestylten Frau. Dass Zendaya bei der Aftershow-Party dann keinen BH mehr unter ihrer kurzen weißen Bluse trägt, scheint einige Userinnen aufzuwühlen: „Wieso tragen Frauen keinen BH mehr?“. Ähnlich fallen die Kommentare bei Florence Pugh aus. Ihr cremefarbenes Kleid lässt am Oberkörper etwas Haut erahnen. „Da braucht der Mann auch keine Fantasie mehr“, schreibt dieses Mal ein männlicher User.

„Man darf ja wohl noch seine Meinung sagen dürfen…“

Unter dem Deckmantel „Man darf ja wohl noch seine Meinung sagen dürfen“ verteidigen Verfasser solch hässlicher Kommentare ihre Aussagen. Allerdings: Es hat nichts mit einer Meinung zu tun, über das Aussehen von Frauen (oder auch Männern) zu urteilen oder gar herzuziehen. Das sorgt für Hetze, für Mobbing, für falsche Selbstwahrnehmung und eigentlich für all das, wofür wir uns doch an Tagen wie dem Internationalen Weltfrauentag auch einsetzen. Grenzen nicht zu überschreiten, Frauen nicht auf ihr Äußeres zu reduzieren, nicht über Kleidung oder Eingriffe zu urteilen. Aber kaum finde ein großes öffentliches Event statt, wird genau das getan.

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Eine neutrale Haltung wäre angebracht

Ebenfalls oft heißt es, dass man sich eben nicht zurückhalten könne. Aber was triggert einen Menschen am Aussehen anderer Menschen? Eine Frage, die sich jeder von uns einmal stellen darf. Wie kann es sein, dass es so selbstverständlich geworden ist, einfach darauf loszukommentieren, und schlanke Menschen darüber aufzuklären, dass sie zu schlank seien oder kurvige Frauen über ihre Kurven zu informieren. Das überschreitet Grenzen – deutlich. Wir laufen auch nicht auf den Straßen umher und kommentieren die Optik anderer Menschen, zumindest hoffe ich, dass wir das nicht tun.

Desireé Oostland
Autorin bei STYLEBOOK

Niemand muss es hinnehmen, wenn Menschen Grenzen überschreiten

Und auch der Ansatz „Das sind Menschen in der Öffentlichkeit, die müssen damit leben“, ist realitätsfern und eine müde Ausrede. Das müssen sie nicht. Niemand muss es hinnehmen, wenn Menschen Grenzen überschreiten. Statt sich immer damit zu brüsten, über all etwas sagen zu müssen und zu allem eine Meinung haben zu müssen, reicht manchmal auch eine neutrale Haltung zu dem, was man da sieht. Besonders Frauen sollten sich untereinander mehr supporten, denn gemeinsam ist es doch viel schöner. Und wenn wir gerade schon bei dem Wort „schön“ sind: Wie heißt es so schön? Wenn man nichts Nettes zu sagen hat, dann sollte man einfach überhaupt nichts sagen.

Themen Female Empowerment Mental Health
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