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Norwegen und Frankreich machen es vor

Petition fordert Kennzeichnung von Beauty-Filtern

Silvi Carlsson startete am 10. Oktober 2022 eine Petition für die Kennzeichnung von Beauty-Filtern
Silvi Carlsson startete am 10. Oktober 2022 eine Petition für die Kennzeichnung von Beauty-Filtern Foto: innn.it e.V. / Silvi Carlsson
Rebecca Stringa
Redaktionsleitung bei STYLEBOOK

28.10.2022, 16:08 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

In der Werbung und in unserem Instagram-Feed dominieren retuschierte Fotos. Sogenannte Beautyfilter und andere Bearbeitungsschritte machen Körper normschön: entfernen Pickel, machen Hüften schlanker und Beine länger. Die Folge: Immer mehr Menschen fühlen sich unwohl in ihrem Körper. Eine Petition will dies nun ändern – STYLEBOOK sprach mit der Initiatorin.

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In Frankreich ist die Kennzeichnung bearbeiteter Fotos seit einigen Jahren bereits Pflicht. Inzwischen zieht auch Norwegen mit einem neuen Gesetz gegen den „kroppspress“ (zu dt. Körperdruck) nach. Seit Juni 2022 müssen dort retuschierte Fotos in der Werbung, egal ob von großen Konzernen oder von Influencern, gekennzeichnet werden. Erlaubt sind dann nur noch ganzheitliche Bildbearbeitungen wie Aufhellung, Verdunklung oder Schärfung. Das Ziel der Beauty-Filter-Kennzeichnung: unrealistische Schönheitsstandards aufdecken. Die Kulturkritikerin, Aktivistin und YouTuberin Silvi Carlsson fordert die verpflichtende Kennzeichnung für Beauty-Filter auf Social Media per Petition auch in Deutschland.

Deutsche YouTuberin fordert Kennzeichnung von Beauty-Filtern

„Neben Aufklärung und Medienkompetenz muss eine Kennzeichnungspflicht für retuschierte Fotos und Videos bei allen durchgesetzt werden, die damit Geld verdienen“, fordert Carlsson. „Vor allem jüngere Frauen müssen durch eine Kennzeichnung mehr geschützt werden, um nicht ständig von einer Filter-Realität negativ beeinflusst zu werden“. Das Thema wird auch in der politischen Welt bereits diskutiert. Dies zeigt der Beschluss der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK) unter dem Vorsitz der Senatorin Katharina Fegebank. Mehrheitlich haben diese für die Kennzeichnungspflicht bei Bearbeitung von Bildmaterial in der Werbung und in sozialen Netzwerken abgestimmt. Genau hier möchte die Aktivistin ansetzen – und den Diskurs auf Bundesebene bringen. Sie hofft, mit der Petition den Stein ins Rollen zu bringen.

Die Befürwortung ist groß: Fast 7000 Menschen (Stand: 28.11.22) unterstützen die Petition „#BeautyFilterKennzeichnen: Filter und Retusche, nur mit Kennzeichnung!“ auf der Plattform innn.it bereits. Darunter mehrere Influencer, Expertinnen sowie Medienforscher. Auch auf Instagram erhält die Content Creatorin positiven Zuspruch. Eine Userin schreibt unter anderem: „Auf die Idee mit der Kennzeichnungspflicht wär ich nie gekommen, ich finde sie großartig. Ich bin 29 und diese Filter und die geschönte Welt machen so erheblich was mit mir. Ich hab viele Probleme in meinem Leben bereits überwunden, aber hätte nie damit gerechnet, mit 29 nochmal eine Essstörung zu entwickeln. Das Thema ist soooo wichtig!“

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„Beauty-Filter ohne Kennzeichnung sorgen für Leid“

Silvi Carlsson kreidet vor allem die Vortäuschung von Beauty-Idealen mittels Social-Media-Filtern an, welche viele junge Menschen an sich zweifeln und utopischen Schönheitsidealen nacheifern lassen. „Wir kennen sie alle: Filter auf Instagram, TikTok und Co., die unser Gesicht vollkommen verändern, vermeintlich optimieren und an die aktuellen Schönheitsstandards anpassen – mit einem Klick“, heißt es im Text der Petition. 

„Beauty-Filter verzerren unsere Wahrnehmung und schaffen viel Leid. Sie führen dazu, dass sich das Schönheitsideal von der Realität entfernt. Sie machen Druck, sie schaden der mentalen Gesundheit. Für manche ist der Leidensdruck so hoch, dass sie bereit sind, diesen operativ zu beseitigen, und das, obwohl sie damit ein gesundheitliches Risiko auf sich nehmen“, so weiter in der Unterschriftenaktion.

Ergebnisse des Beauty Impact Reports bestätigen Carlssons Forderung

Wie sich der Druck zur Optimierung vom digitalen Endgerät ins echte Leben überträgt, belegen verschiedene Studien. Auch der Beauty Impact Report 2022 (BIR) von STYLEBOOK zeigt vor allem bei unter 40-Jährigen eine erhöhte Bereitschaft zu kleineren Eingriffen und Schönheits-OPs. Das Bedürfnis, sich mit anderen Frauen zu vergleichen, steigt mit dem Konsum von Sozialen Medien.
Je intensiver die befragten Frauen Soziale Medien nutzen, umso mehr vergleichen sie sich mit anderen. Während sich durchschnittlich 37 Prozent der befragten Frauen mit anderen vergleichen, sind es bei den „Heavy-Nutzerinnen“ von Sozialen Medien, die mehrmals täglich eingeloggt sind, bereits 48 Prozent. Bei den älteren Frauen ab 60 Jahren hingegen gaben nur 18 Prozent an, sich häufig mit anderen zu vergleichen. Weiterhin geben jeweils 39 Prozent der häufigen Userinnen an, jemand anderem gefallen zu wollen bzw. sich jemand anderen als Vorbild für den Eingriff genommen zu haben.

Genau dieser Vergleich führt auch zu einem vermehrtem Wunsch, die eigene Optik zu ändern. Im Gesamtbild ist die Akzeptanz für minimal-invasive Eingriffe 2022 im Vergleich zum vergangenen Jahr von 23 auf 27 Prozent gestiegen. Auch hier waren und sind Heavy-Nutzerinnen führend. Während 2021 ein solcher Eingriff noch für 29 Prozent dieser Gruppe infrage kam, sind es aktuell schon 36 Prozent. Eine erschreckende Tendenz nach oben, die durch die Kennzeichnungspflicht von Beauty-Filter möglicherweise aufgehalten werden könnte.

Auch interessant: Palina Rojinski über Beauty-OPs und Druck auf Social Media

Reaktion des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf die STYLEBOOK-Anfrage

Das zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend äußert sich auf eine STYLEBOOK-Anfrage verständnisvoll, aber zurückhaltend. Man sei sich bewusst, dass das in der Mode- und Werbebranche vermittelte Schönheitsideal einem gestörten Selbstbild Vorschub leisten kann, so die Sprecherin. Weiter: „Die Kennzeichnung der Bildbearbeitung könnte ein erster Schritt sein, den Druck zu vermindern, den dargestellten Stereotypen zu entsprechen“. Gleichzeitig sei jedoch anzunehmen, dass durch die Thematisierung in der Schule oder im Freundeskreis unter Jugendlichen „eine ausreichende allgemeine Kenntnis darüber besitzt, dass die Bilder von Models oder In­flu­en­ce­r:in­nen nicht dem Original entsprechen, sondern bearbeitet sind“. Eine endgültige Stellungnahme und Entscheidung soll im Laufe des Herbstes folgen.

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Quellen

Themen Body Positive
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