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Meinung

Warum Tattoos keine Bedeutung haben müssen

Frau mit einem kleinen Tattoo am Nacken
Muss in Tattoos eine Bedeutung verpackt sein? Nein, meint STYLEBOOK-Redakteurin Anna-Lena und erklärt hier, warum sie das so sieht. Foto: Getty Images
Anna-Lena Osterburg Redakteurin

09.10.2021, 18:34 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Für viele Tattoo-Träger ist es ein Muss, für andere ein längst überholtes Konzept: eine tiefe Bedeutung hinter der permanenten Körperkunst. Warum sie nicht viel von bedeutungsschwangeren Motiven hält und sich lieber Tattoos ohne tieferen Sinn stechen lässt – ein Erklärungsversuch.

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Bis vor gut zwei Jahren hatte ich keinerlei Tattoos, mittlerweile zieren meine Arme acht mehr oder weniger große Motive – Tendenz steigend. Von One-Line-Gesichtern über ein Augenpaar bis hin zur obligatorischen Fineline-Schlange ist alles mit dabei. Tatsächlich hat aber nur eines meiner Tattoos den Hauch einer persönlichen Bedeutung, mein erstes. Und genau da liegt auch der Ursprung für meine Überzeugung, dass Tattoos ohne großartige Botschaft die bessere Wahl sind – zumindest für mich.

Mein erstes Tattoo – eher bedeutungsvoll als schön

Mein erstes Tattoo finde ich zwar nach wie vor schön, im direkten Vergleich mit meinen restlichen (bedeutungsloseren) Motiven gefällt es mir aber mit Abstand am wenigsten. Nicht etwa, weil ich mich generell schnell an den Abbildungen auf bzw. unter meiner Haut sattsehe, sondern vielmehr, weil ich das Tattoo von Anfang an nicht so fesselnd fand, wie all jene, die darauf folgten.

Der Grund dahinter ist simpel: Ich war zu dem Zeitpunkt der festen Überzeugung, Tattoos müssten irgendeinen Bezug zu meinem persönlichen Leben haben, irgendeine Bedeutung. Ich dachte, wenn mich jemand auf das Warum hinter meiner Körperkunst ansprechen würde, müsste ich eine schlüssige Antwort parat haben. Der Look: zweitrangig. Lange wusste ich nicht, welche Botschaft bzw. welches Erlebnis ich in mein erstes Tattoo verpacken sollte. Deswegen dauerte es 24 Jahre, bis ich zum ersten Mal ein Tattoostudio betrat – obwohl ich es gerne schon viel früher getan hätte. Und deswegen ließ ich mir auch etwas tätowieren, mit dem ich zwar etwas verband, das vom Style her aber nicht meine erste Wahl gewesen wäre: ein stilisiertes Riesenrad in einer Art Mandala-Style.

Frau mit Tattoo
Mein erstes Tattoo brauchte 24 Jahre Bedenkzeit – und hat mich trotzdem nicht vollends happy gemacht Foto: privat

Zugegeben, hinter dem Tattoo verbirgt sich auch keine extrem tiefsinnige Bedeutung. Es ist einfach eine schöne Erinnerung an die unzähligen Festivals, die ich vor der Corona-Pandemie besucht habe. Das Riesenrad war bei all den Veranstaltungen das verbindende Element. Begründung genug dachte ich mir Mitte 2019, als mir spontan ein Termin bei einer bekannten Tätowiererin in Berlin angeboten wurde. Nach weniger als einer Stunde hatte ich das Motiv unter der Haut. Und mit dem ersten Blick in den Spiegel war meine Tattoo-Hemmschwelle und dieser abstrakte Bedeutungs-Druck dahinter wie weggeblasen. Irgendwie war das Ganze doch keine so spektakuläre, lebensverändernde Entscheidung, wie ich es mir im Vorfeld ausgemalt hatte. Es war einfach nur ein kleines Bild auf meinem Körper, das ich binnen Minuten als ganz selbstverständlichen Teil meines Äußeren akzeptierte.

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Auch an Tattoos mit Bedeutung kann man sich sattsehen

Um diese Erkenntnis reicher ärgerte ich mich bloß, dass ich nicht schon früher mit dem Tätowieren angefangen habe. Und dass ich mir nicht gleich ein Motiv habe stechen lassen, das zu 100 Prozent meine Ästhetik und mich widerspiegelt. So hätte ich mir eigentlich viel lieber zwei große Augen auf die Arme machen lassen. Einfach, weil ich das schön fand. Bis zu meinem ersten Tattootermin kam mir die Idee aber unsinnig vor. Aus Angst, die Entscheidung nicht ausreichend rechtfertigen zu können und sie deshalb irgendwann zu bereuen. Mittlerweile empfinde ich genau diesen Gedanken daneben. Eine tiefe Tattoo-Bedeutung ist sicherlich keine Garantie dafür, dass das Motiv für immer gefällt. Sowieso nicht, wenn man nur der Botschaft wegen einen Kompromiss eingeht. Mein einziger Anspruch an ein Tattoo-Motiv ist nun „nur noch“ dessen Look und mit dieser Einstellung fahre ich bisher gut.

Hört auf, nach der Bedeutung von Tattoos zu fragen!

Natürlich gibt es hier und da immer wieder kritische Stimmen im Bekanntenkreis, die nicht glauben können, dass ich eine – in ihren Augen – derart radikale Veränderung an meinem Aussehen vornehme, ohne mir viel dabei zu denken. Derartige (ungefragte) Meinungen kann ich glücklicherweise gut ausblenden. Für mich sind die Motive unter meiner Haut schließlich eine Art Selbstverwirklichung und das geht – wie der Rest meiner Optik – nur mich etwas an.

Sowieso bin ich der Ansicht, dass wir uns und unser Aussehen nicht immer zu ernst nehmen sollten. Klar sollte man sich über ein Tattoo vorab Gedanken machen und grob recherchieren, wofür welches Motiv steht, um keine falschen Botschaften zu senden. Auch sollte man sich dessen bewusst sein, dass die Haut mit einem Tattoo für immer gezeichnet ist. Aber am Ende ist es eben auch nicht mehr als ein bisschen Farbe unter der Haut. Keine große Sache und definitiv kein Grund, sich jahrelang den Kopf zu zermartern.

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Kein Tattoo ist komplett bedeutungslos

Zum Abschluss noch ein Punkt für all jene, die ich mit meiner bisherigen Argumentation nicht überzeugen konnte. Ganz bedeutungslos sind meine Tattoos ja trotz allem nicht. Obwohl sich in meinem Fall dahinter keine wirkliche Intention verbirgt, sagt jedes Symbol irgendetwas aus – das ist aber Interpretationssache und steht für mich nicht im Fokus. Ich verbinde jedes einzelne Motiv vielmehr mit meiner bisherigen Zeit in Berlin, mit der Zeit, in der ich sie habe stechen lassen. Mit einem Lebensgefühl und einem Lifestyle, den ich zu dem Zeitpunkt gepflegt habe. Und ich bin mir sicher, dass ich meine Tattoos deshalb auch noch lange lieben werden. Bisher bereue ich zumindest keines davon, im Gegenteil.

Themen: Tattoo
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