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Voraussetzungen, Risiken, Kosten

Hausgeburt statt Krankenhaus? Expertin erklärt, was Schwangere wissen sollten

Neugeborenes Baby im Wasserbad
Viele Frauen träumen davon, ihr Baby in vertrauter Umgebung zur Welt zu bringen . Aber für wen eignet sich eine Hausgeburt wirklich und was sollten Frauen wissen? Foto: iStock/mshallenberg

23.01.2021, 07:24 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Bis heute machen Hausgeburten nur einen Bruchteil aller Geburten aus, wobei die Option, in den eigenen Wänden statt im Krankenhaus zu entbinden, gerade in Zeiten von Corona zunehmend an Attraktivität zunimmt. Aber ist das Zu-Hause-Entbinden wirklich sicher? Und was ist, wenn Komplikationen auftreten? STYLEBOOK sprach mit einer Expertin über das sensible Thema.

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Die Angst vor einer Infektion mit Covid-19 ist groß, werdende Mütter sorgen sich um die eigene Gesundheit und die ihres Babys. „Hebammen berichteten mir, dass viele Frauen im vergangenen Jahr die Klinik nach der Geburt schneller verlassen haben und nicht die üblichen zwei bis drei Tage geblieben sind“, weiß Maria Jacobi, zweite Vorsitzende des Bayerischen Hebammenlandesverbandes e.V. Einzelne Hausgeburtshebammen hätten ihr berichtet, dass sie mehr Anfragen für Hausgeburten als sonst bekommen hätten – 2019 kamen nach einem Bericht der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. 781 270 Kinder zur Welt, 12 242 davon zu Hause.

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Was spricht für eine Hausgeburt?

Maria Jacobi vom Bayerischen Hebammenlandesverband erklärt die Vorzüge einer Hausgeburt: „In seiner gewohnten Umgebung ist man meist deutlich entspannter als in einer Klinik , und Entspannung ist ein wesentlicher Bestandteil für das gute Gelingen einer Geburt.“ Im Krankenhaus müsse eine Hebamme mitunter bis zu vier Frauen gleichzeitig betreuen – „bei einer Hausgeburt haben Sie eine Hebamme ganz für sich“, weiß Jacobi. „Sie müssen sie mit keiner anderen Frau teilen. Das trägt auch zur Sicherheit der Geburt bei, die werdende Mutter wird sehr engmaschig betreut.“

Führen alle Hebammen Hausgeburten durch?

Nur zwei Prozent aller Geburten in Deutschland finden zu Hause statt, daher gibt es nicht viele Hebammen, die Hausgeburten durchführen. Maria Jacobi empfiehlt deshalb, schon sehr früh in der Schwangerschaft mit einer Hausgeburtshebamme Kontakt aufzunehmen.

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Wo zu Hause wird das Kind geboren?

Mario Jacobi rät allen werdenden Müttern, sich einen Ort auszusuchen, der mit guten Gefühlen verbunden ist: „Das kann das Schlafzimmer, das Wohnzimmer oder das Bad sein“, so die Expertin. Einige Frauen würden sich für die Hausgeburt einen Pool mieten – „so ein aufblasbares Becken ist geräumiger als die herkömmliche Badewanne.“ Eine Wassergeburt sei aber nicht zwangsläufig für jeden geeignet. „Man sollte genau in sich reinhören und schauen, was sich richtig anfühlt“, so Jacobi. „Einigen Frauen mag es im Becken am Ende doch zu glitschig sein und sie sehnen sich nach dem Halt einer Bettkante.“

Was passiert, wenn Komplikationen auftreten?

Sollten Probleme auftauchen, wird die Hebamme die Verlegung in eine Klinik veranlassen. „Ein Kaiserschnitt beispielsweise kann nicht zu Hause durchgeführt werden“, erklärt Maria Jacobi. In den meisten Fällen seien es aber nicht Komplikationen, die zu einer Verlegung führen, sondern die Schmerzen. Nur im Krankenhaus können Schwangere nämlich eine PDA, eine Periduralanästhesie, bekommen. „Wer sich für eine Hausgeburt entscheidet, muss also gewillt sein, sich auf die Schmerzen, die mit einer Geburt einhergehen, einzulassen“, sagt Jacobi. „Es gilt dann, natürliche Wege zu finden, mit diesen Schmerzen zurechtzukommen, wie beispielsweise mit einer Massage oder einem Entspannungsbad. Auch Homöopathie und Akupunktur sind möglich und können helfen.“

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Wann ist von einer Hausgeburt abzuraten?

Maria Jacobi erklärt: „Jede gesunde Frau kann zu Hause entbinden. Schwangere Frauen ab 35 Jahren zählen offiziell als Risikopatientin, aber auch sie können ihr Kind zu Hause zur Welt bringen, wenn sie gesund sind.“ Wer jedoch bereits während der Schwangerschaft Probleme hatte, sollte von einer Hausgeburt Abstand nehmen. „Auch bei Vorerkrankungen wie Diabetes, Epilepsie oder Herzproblemen sollte die Geburt in einer Klinik erfolgen“, rät Jacobi.

Kann ich Zwillinge zu Hause zur Welt bringen?

„Die Geburt von Zwillingen geht immer mit gewissen Risiken einher, daher würde ich von einer Hausgeburt abraten“, sagt Maria Jacobi. „Auch bei einer Beckenendlage – also wenn das Baby mit dem Po voran liegt – ist es ratsam, sich in eine Klinik zu begeben. Es könnten Komplikationen auftreten.“

Wie schnell sollte im Ernstfall die nächste Klinik erreichbar sein?

Rund eine von 100 Frauen wird in Eile verlegt, heißt es in einem Bericht der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. In den meisten Fällen seien Unregelmäßigkeiten bei den Herztönen des Babys der Grund. Es gibt keine klaren Vorgaben, wie weit die nächste Klinik von der eigenen Wohnung maximal entfernt sein darf, doch wenn die Entfernung sehr groß sei, könne das die Sicherheit der Geburt erheblich gefährden, falls eine Verlegung notwendig sein sollte, gibt Maria Jacobi zu Bedenken.

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Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine Hausgeburt?

Die Krankenkasse übernimmt im Allgemeinen die Kosten für eine Hausgeburt. Es gibt aber Ausschlusskriterien, zu denen laut Ärzteblatt neben Diabetes und Drogen- und Alkoholabhängigkeit auch ein Body-Mass-Index (BMI), der höher als 35 ist, gehören. Viele Hebammen erheben zudem eine Rufbereitschaftspauschale für die Zeit drei Wochen vor bis zwei Wochen nach dem Entbindungstermin. In diesem fünfwöchigen Zeitraum sind sie rund um die Uhr auf Abruf bereit. Diese Pauschale muss selbst bezahlt werden und kostet ca. 250 Euro. Einige Krankenkassen erstatten diesen Beitrag.

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Wer haftet bei schweren Geburtsfehlern?

Es kommt zum Glück äußerst selten vor, doch wenn etwas passiert, ist die Tragweite enorm. „Ein Kind, das durch Fehler bei der Geburt eine Behinderung davonträgt und sein Leben lang Unterstützung benötigt, verursacht Kosten, die in die Millionen gehen können“, sagt Maria Jacobi vom Bayerischen Hebammenlandesverband. „Um sich vor möglichen Schadensersatzforderungen zu schützen, hat jede Hausgeburtshebamme eine Berufshaftpflichtversicherung.“

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